Die denkmalgeschützte Gesamtanlage von Kirchhain erstreckt sich im wesentlichen über dem Grundriss des mittelalterlichen, ehemals von einer Stadtmauer eingefaßten Stadtkernes. Nach Norden weitet sie sich entlang der Bahnhofstraße aus bis zur Main-Weser-Bahn, deren Bau in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. eine rege Neubautätigkeit jenseits des ehemaligen Mauerrings in Gang setzte. Es entstanden parallel zur Straße Am Bahnhof mehrgeschossige, bürgerliche Wohnhäuser in dem für die Zeit des Jahrhundertwechsels typischen historistischen Baustil. Nach Nordosten gliedern sich entlang der Hindenburgstraße mehrere Villengrundstücke an, deren Bauten teilweise deutliche Anklänge an die Zeit des Jugendstil erkennen lassen. Im Bereich dieser nordöstlichen Erweiterung ist auch die ehemalige, in Teilen abgebrochene Synagoge angesiedelt, deren ursprüngliche Größe und neoromanischer Baustil von einer bedeutenden jüdischen Gemeinde innerhalb der Kirchhainer Bevölkerung zeugt. Der zugehörige jüdische Friedhof liegt traditionsgemäß außerhalb des alten Stadtkernes heute gegenüber dem Bahnhof.
Westlich umfaßt die Gesamtanlage den Annapark und die noch heute erhaltenen Nutz- und Obstbaumgärten, die sich an der Wohra entlang aufreihen. Als Abzweig der Wohra führt der Mühlgraben im Südwesten sein Wasser für die Große Mühle durch die Stadtbefestigung hindurch. Die mit einem ovalen Umriß und über regelhaftem Grundriss erichtete Altstadt wird beherscht von der evangelischen Stadtkirche St. Michael. Auf einer 20m über die Ohmniederung hinausragenden Basaltkuppe erhebt sie sich über die Silhouette der Stadt. Der Kirchberg mit der durch Landgraf Heinrich II. ab 1344 erichteten Burg bildete den Stützpunkt gegen die in Sichtweite liegende mainzische Amöneburg. Von dieser am nordöstlichen Rand der ursprünglich wehrhaften Kirchhofmauer angesiedelten Burg sind heute nur noch Reste als Untergeschoss eines Schulbaus erhalten.
Bis zur Mitte des 14. Jhs. entwickelt sich die Stadt unterhalb von Kirchbezirk und Burg planmäßig in mehreren Ringen. Um etwa 1370 schließt sich dann die Stadtmauer mit Wall und Graben auch um den im Südwesten bis zur Wohra reichenden Deutschordensbezirk, der durch den Gillhof und die Deutschherrenmühle gebildet wurde, sowie den nach Nordosten ausgebreiteten Siedlungskomplex. Hier verlief die Stadtmauer im Bereich der heutigen Straße Hinter der Post. Reste der Stadtmauer mit ihren zahlreichen Ringtürmen haben sich im Südosten an der Straße Hinter der Mauer und im Nordwesten entlang der Straße Zum Hexenturm erhalten, wo das gleichnamige Bauwerk noch mit Teilen des ehemaligen Wehrganges aufwartet.
Das im 14. Jahrhundert entstandene Erschließungsnetz, das bogenförmig um den Kirchberg herum und zum Teil radial auf ihn zu führt, ist mit seinen Straßen und Gassen weitgehend erhalten und läßt sich auch heute im Stadtbild gut nachvollziehen. Hier ist besonders der Straßenzug Hinter der Mauer - Unter dem Groth - Auf dem Groth bis zum Marktplatz zu erwähnen; in seinem Verlauf reihen sich in dichter Folge dreigeschossige Fachwerkbauten. Ihre Ausrichtung war ehemals wohl einheitlich giebelständig; die heute traufständig erscheinenden Bauten sind meist durch Hauszusammenlegungen und nachfolgende Dachdrehung entstanden. Erschlossen sind die Häuser von Am Markt 22 bis Auf dem Groth 28 über einen altanartigen, gegenüber der Straße bis zu 1,70 m höher liegenden Fußweg. Von diesem in manchen Bereichen mit Gewölbekellern versehenen Weg aus führen an mehreren Stellen Treppenläufe zur Kirche hinauf. Im Stadtbild großenteils noch gut nachvollziehbar sind die Stadteingänge. Die zugehörigen Toranlagen wurden zwar zu Anfang des 19. Jh. abgebrochen und durch später ebenfalls abgebaute Pforten ersetzt, aber der Eintritt in die historische Stadt ist vor allem am westlichen Zugang, dem ehemaligen Brießelstor deutlich spürbar. Auch das nördliche Borntor sowie das südliche Amöneburger Tor lassen durch den vorhandenen Straßenverlauf und die Engstellung der Bebauung die ehemalige Grenze deutlich werden. Die Tore verbanden die drei großen durch Kirchhain führenden Fernstraßen, die auf dem Marktplatz zusammentrafen.
Auf der dreieckigen Grundfläche des Marktplatzes bilden das Rathaus und das sogenannte Weinhaus die nördliche Raumkante und gleichzeitig Schauseite. Beide Gebäude haben die Zerstörungen des 30jährigen Krieges überstanden und datieren in die Mitte des 16. Jhs. Das Rathaus gehört mit seinem reichen Fachwerk und dem Treppenturm zu den ältesten und herausragenden Bauten in Kirchhain. Eine repräsentative Wirkung am Marktplatz übt die Putzfassade des Hauses Nr. 7 aus, das mit seinen in den beiden Obergeschossen angeordneten Drillingsfenstern und der stark historisierenden Fassadengestaltung die zu Beginn des 20. Jhs. gültige Architekturauffassung widerspiegelt. Innerhalb des Stadtgrundrisses lassen sich soziale Gliederungen erkennen. Insbesondere die nordwestliche Randbebauung des Kirchhofes und der Bereich der Mittelstraße sind von ehemals kleinbürgerlichen Anwesen geprägt, deren Gebäude in meist einfachem, zweigeschossigem Fachwerkgefüge noch als Ständerbauten entstanden sind. Die ältesten Beispiele sind Hofackerstraße 12 und Mittelstraße 11, das 1572 datiert ist und somit die 1647 erfolgte Teilzerstörung der Stadt überstanden hat.
Eine in Kirchhain typische Bauweise findet sich in Form der dreigeschossig angelegten Gebäude: die beiden unteren Stockwerke sind in Ständerbauweise erichtet, das dritte wurde als mehr oder weniger weit überkragende Rähmkonstruktion aufgesetzt. Als Entstehungszeit ist hier die Phase nach dem 30jährigen Krieg anzusetzen. Insbesondere die Bebauung Auf dem Groth und entlang der Brießelstraße ist von diesen Bauten geprägt. Bei einer Vielzahl der Gebäude ist die Fassade noch überputzt. Diese Ausstattung war vorwiegend in den dichtbebauten Städten aus Gründen des Brandschutzes verordnet, aber wegen der repräsentativen Wirkung als Massivbau auch durch die Bauhern selbsttätig durchgeführt.
Im Bereich der Gesamtanlage verdient besondere Erwähnung die Straßenfassade des Hauses Gänseburg 4 in der Blickachse der Untergasse mit einer in den Obergeschossen streng symmetrischen Fenstergliederung und deren klassizistischer Bekleidung. Ebenso die Obergeschoßfassade Raiffeisenstraße 4, deren verputztes Giebeldreieck durch ein Girlandenband und ein Medaillon geschmückt. In dem Sparkassenneubau Bahnhofstraße 19 haben sich Reste eines im frühen 20. Jhs. entstandenen Gebäudes erhalten: die Sandsteinumfassungswände in Rustikamauerwerk mit Bogenfenstern und schmiedeeisernen Gittern, die ursprüngliche Haustür sowie ein schnitzverzierter Eckerker im 1. OG. Als außerhalb der Gesamtanlage liegendes Kulturdenkmal ist das Amtsgericht in der Niederheinischen Straße 32 zu benennen, daß in seiner Funktion als ehemalige Kreisverwaltung um 1900 die Stadterweiterung im Nordosten entlang der Niederheinischen Straße in Gang setzte. In dessen Bauzeit gehört auch das gegenüberliegende Wohnhaus Niederheinische Straße 29, das durch seine klassizistische Fachwerkgestaltung einen Haltepunkt im sich hier bereits auflösenden Straßenraum bildet.