Die Gesamtanlage von Niederwalgern breitet sich zu beiden Seiten der Gladenbacher Straße aus, die sich in mehreren Biegungen von Ost nach West durch den Ort zieht. Im Süd- und Nordosten erweitert sie sich um die Bebauung entlang der Gießener Straße, im Osten um den Bereich Bahnhofstraße und im Nordenwesten um die Mühlackerstraße. Die Bebauungsstruktur ist insgesamt regellos, durch das ungeordnete Straßen- und Wegesystem ergeben sich sehr unterschiedliche Ortsbilder, in denen einzelne Gebäude durch die Lage in einer Blickachse besondere städtebauliche Bedeutung erlangen wie das Wirtschaftsgebäude Gladenbacher Straße 2, das Wohnhaus Gießener Straße 29 oder die Scheune Gießener Straße 39. Demgegenüber ist der Bereich des Hinterdorfes mit der Straße Bornbach mehr von einer geschlossenen Bauweise geprägt. Auch die Vierseithofanlagen entlang der Achse Gladenbacher und Mühlackerstraße sind zur Straße durch hier angeordnete Wirtschaftsbauten eher abgegrenzt.
Die natürliche Grenze der historischen Besiedlung nach Südwesten bildet der Walgerbach. Mittelpunkt des Dorfkerns und mit ihrer geschweiften Haube die Dachlandschft beherrschender Blickpunkt ist die Kirche, die auf der Anhöhe eines nach Süden abfallenden Hanges als Wehrkirche mit einem ovalen Kirchhof angelegt ist. Um diesen herum gruppieren sich unter der Bezeichnung Oberdorf im Bereich des Kirchweges Drei- und Vierseithöfe, die dort bis auf wenige ältere Einzelgebäude in der 2. Hälfte des 19. Jhs. angelegt wurden; direkt an der Kirchhofmauer platziert ist das alte Schulhaus von 1782.
Nach Westen bekrönt die Kirchhofmauer einen Steilhang, der mit einer für das Ortsbild charakteristischen Treppe und einem Rundbogendurchgang erschlossen wird. Unterhalb dieses Steilhangs erstreckt sich mit Gefälle zum Walgerbach hin das Unterdorf, das entlang der Gladenbacher und der Backhausstraße von großvolumigen, in der Mühlackerstraße von kleineren Hofanlagen in Drei- und Vierseitform besiedelt ist. Die Haupthäuser sind einesteils im 18. Jh. oder frühen 19. Jh. entstanden wie Backhausstr. 8, Gladenbacher Str. 15 und Mühlackerstr. 5, zum anderen im letzten Drittel des 19. Jhs. wie Backhausstr. 2 und 6 sowie Mühlackerstr. 7 mit Baujahr 1911.
Im Straßenbild nehmen die Fachwerkgebäude des 18. Jhs. durch ihre dekorativen Verstrebungsfiguren eine beherrschende Stellung ein: bei Backhausstr. 8 sind Torbau und Wohnhaus sowie bei Gladenbacher Str. 15 das Wohnhaus mit expressiven Mannfiguren ausgestattet. In Fortführung dieser Tradition werden auch im späten 19. und frühen 20. Jh. Rähmbauten mit historisierenden Verstrebungsformen und Schmuckelementen versehen wie die Wohnhäuser Kirchweg 2 und 3 und Mühlackerstr. 7.
Neben den größeren Hofanlagen haben sich auch einige kleinstbäuerliche und Tagelöhner- oder Handwerkeranwesen aus dem 19. Jh. erhalten, die aus sozialgeschichtlichen Gründen bedeutsam sind: Bornbach 1, Gießener Str. 38 und 39. Wichtiger Teil des dörflichen Ortsbildes ist der Walgerbach, der in einem unverrohrten Bett den Ortskern nach Westen abschließt.
Die Eröffnung der Aar-Salzböde-Bahnlinie und der Bau des Bahnhofes 1894 setzt um die Jahrhundertwende und in der Folgezeit eine rege Bautätigkeit entlang der Bahnhofstraße in Gang. Hier entstehen als neue Bauform des Bürgertums auf dem Land in den 20er und 30er Jahren des 20. Jhs. die drei Villenbauten Bahnhofstraße 12, 19 und 23. Zu Beginn des Jahrhunderts hat sich die dörfliche Bebauung bereits an der Gießener Straße nach Norden fortgesetzt. Mit der Gründung von Handwerkbetrieben siedelten sich städtisch anmutende Wohnhäuser und Werkstattgebäude an: Gießener Straße 15, 17 und 19.