Entlang der Kirchbergstraße als Hauptader und den von ihr abzweigenden Nebenstraßen ist ein geschlossener Komplex aufeinanderfolgender Hofreiten in Sichtfachwerk und verputztem Fachwerk des 17.-19. Jhs. in besonderer Dichte und Qualität erhalten. Neben dem Typ der Wetterauer Hakenhofreite mit giebelständigem Wohnhaus existieren auch Varianten des Hüttenberger Hofs, traufständig mit überbauter Tordurchfahrt. In beiden Gruppen sind einige besonders ausgeprägte und aufwendige Vertreter erhalten. Die Gesamtanlage verdichtet sich im Bereich des Kirchbergs, wo der das Dorf überragende Wehrkirchhof in Verbindung mit der einmaligen Felsenkelleranlage im Bereich der Stützmauern einen ortsgeschichtlich-architektonischen Schwerpunkt von besonderer Wirkung schafft. Deshalb ausgewiesen als Gesamtanlage.
Ökonomiehof des 19. Jhs. in unregelmäßiger Anordnung. Scheunen und Wirtschaftsgebäude in Bruchstein mit Fachwerkobergeschoss, 1. Hälfte 19. Jh., das Wohnhaus Ende 19. Jh. Guterhaltene landwirtschaftliche Produktionsanlage des 19. Jhs. als Sachgesamtheit geschützt.
Der Ursprung des Ortes liegt an dem westlich an den Kirchhof anschließenden Areal mit der alten Flurbezeichnung "Im Ort". Im Knick der Obergasse liegt eine Reihe von Erdkellern, die z. T. noch in das 16. Jh. datieren. Später entwickelte sich der Ort nach Westen weiter in Richtung auf den Lauenburggraben. Das Ortsbild von Ober-Mockstadt wird bestimmt durch teilweise sehr aufwendig gestaltete Hofreiten noch des 17. Jhs., wobei sich die giebelständigen Wohnhäuser durch auffällig reiche Fachwerkzier auszeichnen. Dazwischen finden sich kleinere Höfe des 17.-19. Jhs. in der üblichen Hakenform mit meist giebelständigem Wohnhaus, die die Dichte des vom Fachwerk bestimmten historischen Ortsbildes bewirken.
Ober-Mockstadt verfügt über eine handwerkliche Besonderheit, die zwar vereinzelt auch in anderen oberhessischen Orten vorkommt, hier aber qualitativ und quantitativ besonders ausgeprägt ist. Es handelt sich um tönerne Dachreiter zumeist auf der der Straße zugewandten Giebelseite mit vielfältigen Motiven, darunter Reitergestalten mit Zweispitz (angebl. Napoleondarstellungen), aber auch Gruppen wie z. B. eine Jagdgruppe. Die Schmuckfreude, die sich in den Dachreitern manifestiert, hat sicher alte, vorchristliche Wurzeln. Materiell sind diese Arbeiten dem Nebenerwerb der Bewohner zu verdanken, die in den Ziegeleien um Ober-Mockstadt Arbeit fanden. Es existieren noch einige gute Exemplare, die Bestandteile der Kulturdenkmale und Gesamtanlage sind.
Die Gesamtanlage umfaßt die Gebiete der Niddastraße, Unter-/Obergasse und Parkstraße, die von guterhaltenen Fachwerkhöfen des 17.-19.Jhs. geprägt sind.
In der Untergasse wurde um 1800 eine Synagoge (Betraum) eingerichtet. Über ihre Geschichte liegen noch keine weiteren Informationen vor. Beim Gebäude handelte sich um ein Fachwerkhaus. Bereits um 1925 wurden keine Gottesdienste mehr am Ort abgehalten; es wurden die Gottesdienste in Friedberg besucht. Über die weitere Geschichte der Synagoge beziehungsweise des Gebäudes mit dem Betraum ist nichts bekannt.
Der Kurpark von Heinrich Siesmayer
In dem Jahrzehnt nach 1850 überschlugen sich die Ereignisse in Nauheim. 1854 erhielt der Ort Stadtrechte, 1855 brach sich unmittelbar neben dem "Großen Sprudel" ein weiterer artesischer Brunnen Bahn, der "Friedrich-Wilhelm-Sprudel"; die Zahl der Kurgäste stieg. Mit dem Besuch Otto von Bismarcks 1859 stellte sich auch die für den Ruf eines Badeortes so wichtige Prominenz ein, die Bautätigkeit in den von Schulz vorgesehenen Erweiterungsgebieten nahm zu. Die Identität Nauheims als Bade- und Kurort entstand vornehmlich mit dem Kurpark, der 1857-58 nach einem Plan Heinrich Siesmayers angelegt wurde. Vor allem das großartige Motiv der "Curve", die in Verlängerung der Parkstraße die beiden großen Sprudel und die benachbarten Badehäuser umspannt, stellte eine vorher nicht gekannte Einheit von Stadt und Kureinrichtungen her. Seitlich der Sprudel schlug Siesmayer spiegelbildlich zwei neue Badehäuser vor, die aber nicht zur Ausführung kamen. In der Achse der Bahnhofsallee gelegen und jeweils einen Hof umschließend, nahmen sie das spätere Jost''sche Konzept für den Sprudelhof vorweg.
Die "Curve" wurde im Herzen des Parks als großzügig geschwungener Fahrweg fortgesetzt. Er führte zuerst weiter nach Norden zum "Teichhaus" und dann nach einer Kehrtwendung zum Kurhaus am Fuße des Johannisbergs. Das "Teichhaus" am Westufer des großen, technisch motivierten Nauheimer Wasserreservoirs wurde im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts als herrschaftliches Lusthaus errichtet, beherbergte später den Teichmeister, zu Siesmayers Zeiten erfuhr es eine Umnutzung zu Logierzwecken. Der Teich selbst wurde von einer umlaufenden Promenade in den Park einbezogen. Für das Kurhaus, in den 1860er Jahren fertiggestellt, waren aufgrund des zur Usa sanft abfallenden Geländes umfangreiche Terrassierungen erforderlich. Vorgelagerte Stützmauern und Balustraden akzentuierten diesen Tatbestand, der die topographischen Verhältnisse Nauheims zwischen Johannisberg und Usa im kleinen noch einmal vorführte. Die Mittelachse des Kurhauses hatte ihren idealen Ausgangspunkt in einem Rondell unmittelbar westlich der Usa. Seine Lage ergab sich aus dem Schnittpunkt der Verlängerungen von Bahnhofsallee und Kurstraße in den Park. Die schon angesprochene städtebauliche Neuordnung durch die Planungen Siesmayers wird ein weiteres Mal deutlich. Schließlich ist sie in dem kleinen Parkteil südlich der Parkstraße zu beobachten, der von der Kurstraße, der neuen Trinkkur-Wandelhalle und der Usa begrenzt wurde. In Anlehnung an die Schulz''schen Baublöcke ist er geometrisch unterteilt, während der übrige, in höherem Maße der Landschaft zugekehrte Teil des Parkes im "englischen Stil", so Siesmayer selbst, gehalten ist. In seinem Lebensrückblick bezeichnet der Schöpfer des Nauheimer Kurparks sein Werk als "größte Ausführung einer fünfzigjährigen selbständigen Tätigkeit". Die Finanzierung des aufwendigen Projektes wurde aus den Einnahmen der seit 1853 bestehenden Spielbank bestritten. Seit Siesmayers Tagen gab es in Nauheim im Hinblick auf Landschafts- und Stadtplanung keine vergleichbare Leistung mehr.
Die Jahrzehnte bis zur Jahrhundertwende
Am 3.6.1869 kam der damals neue Landesherr Nauheims, Großherzog Ludwig III., zu einem Antrittsbesuch in die Kurstadt. Besonderes Gefallen fand er am Kurpark, dessen Schöpfer umgehend zum "Hof-Garten-Ingenieur" und zum "Hoflieferanten" ernannt wurde. Die Stadt insgesamt profitierte von dem Besuch, sie durfte künftig das Bad als Teil des amtlichen Namens führen. Die anfängliche Reserviertheit des Großherzogtums dem Nauheimer Badebetrieb gegenüber mit seinen vermeintlich hohen Unterhaltungkosten wich einer wohlwollenderen Haltung. Zu Skepsis war um so weniger Anlaß, als sich aufgrund der Forschungen des Arztes Beneke Nauheim zu einem anerkannten Herzheilbad entwickelte. Zuvor galt die kohlensäurehaltige Sole als unverträglich für Herz- und Kreislauferkrankungen. Trotz eines vorübergehenden Rückgangs infolge der Einstellung des Spielbankbetriebs 1872 stieg die Zahl der abgegebenen Bäder von 2346 im Jahre 1845 auf die stolze Zahl von 304472 in 1899. Entsprechend kamen zu dem Badehaus von 1835 und den beiden ersten am "Großen Sprudel" vier weitere hinzu. Der von Schulz und Siesmayer für den Badebetrieb vorgesehene Bezirk verdichtete sich baulich, wurde auch schon einmal erweitert wie im Falle des Badehauses IV von 1888 mit umgebenden Park, ohne daß dabei aber eine besondere Konzeption zum Vorschein kam. Ein Beleg, daß der Expansionsdrang kaum richtungsweisende Vorgaben erfuhr, ist das noch vor der Jahrhundertwende fertiggestellte Hotel Sprengel auf der Ostseite der Kurstraße, das aus einer kleinen Hofanlage erwuchs und mit seinem großen Volumen dem Park nördlich der Trinkhalle eine beträchtliche Einbuße beibrachte.
Nauheim um 1900 wird trotz der Besuche der österreichischen Kaiserin 1898, der russischen 1910 und der deutschen 1912, allgemein nicht als "Luxusbad", sondern im Hinblick auf die Mehrzahl der Kurgäste als mittelständisch charakterisiert. Dennoch hatte der Pomp, den der Dekorreichtum der großen Hotels vor allem entlang der Kurstraße und der Ludwigstraße, der "Curve", keine geringen Ausmaße. Daneben entstanden Villen, außer zum dauerhaften Wohnen häufig zu Pensionszwecken genutzt, die dem repräsentativen Gestus der Hotels kaum nachstanden. Sie breiteten sich zunächst von der "Curve" ausgehend entlang der Bahnhofsallee und der Frankfurter Straße aus, dort "wo 1850 zwischen Bahnhof und Dorf Nauheim noch wogende Felder anzutreffen waren", zählt Wagner in seiner Ortschronik von 1897 ungefähr 100 neue Anwesen. Weitere Villengebiete nahmen Gestalt an, so das Areal zwischen Burgallee und Terrassenstraße, das ursprünglich als Teil des Kurparks gedacht war. 1898 kam die Waldstraße, die heutige Gustav-Kayser-Straße, am südöstlichen Fuß des Johannisbergs hinzu, von der aus Treppenwege hinab in die älteren Straßengevierte entlang von Johannis- und Schnurstraße führten. Weniger wohlgeordnet verlief die Entwicklung im Süden und im Süd-Osten des alten Dorfkerns. Die Saline in der Usa-Niederung verlor allmählich an Gewicht. Die endgültige Aufgabe ihres alten Standortes 1910/11 wurde nicht zu einer überzeugenden städtebaulichen Neuordnung genutzt. Erschließung und Parzellierung zusätzlicher Baugebiete blieben vielmehr Stückwerk. Daran änderte auch der heutige Ernst-Ludwig-Ring nichts, als Victoria-Melita-Ring unmittelbar nach 1900 begonnen, der in der Art einer Tangente am südlichen Ortsrand seinen Anfang nahm, über die Usa zur neuen katholischen Bonifatiuskirche führte und als Eleonoren-Ring bis zur Frankfurter Straße verlängert wurde. Obwohl gesäumt von dominanten Bauten wie Wilhelmskirche, Reichspost, Bonifatiuskirche und später der neuen Trinkkur, mangelte es ihm an baulicher Geschlossenheit, um eine etwa der Parkstraße nördlich des alten Nauheimer Ortskerns vergleichbare ordnende Kraft zu entwickeln.
Von Beginn der Entwicklung Nauheims als Badeort an gab es das Bestreben, den Kurgästen in "Freiluftanlagen" Abwechslung zu bieten. Der Kurpark ist in diesem Zusammenhang natürlich an erster Stelle zu nennen. Nicht minder ist die Leistung zu würdigen, die gesamten Waldgebiete, die Nauheim im Osten in Form eines Halbkreises einschlossen, dem Erholungssuchenden zugänglich zu machen. Bei ab dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts durchgeführten Aufforstungen wurde die ästhetische Wirkung zum Kriterium. 1906 konnte die "Große Rundfahrt", ein befestigter Weg durch die betreffenden Gebiete, ihrer Bestimmung übergeben werden. Ihre Route wurde so gewählt, daß sich immer wieder Fernsichten in die umgebenden Landschaften der Wetterau ergaben.
Die Bauten Josts
Die Vorstellung von der Glanzzeit Bad Nauheims als Kurort verbindet sich in der Gegenwart vornehmlich mit dem "Sprudelhof". Anfang unseres Jahrhunderts wurde der junge Architekt Wilhelm Jost als Angestellter des staatlichen Bauamtes in Friedberg beauftragt, in Nauheim ein zusätzliches Gebäude für die Abgabe von Moorbädern zu errichten. Zur Vorbereitung erhielt er Gelegenheit, Badeeinrichtungen in Berlin, Bad Elster und Karlsbad zu studieren. Während der Fahrt dorthin im Herbst 1903 muß die Vorstellung gereift sein, in Nauheim nicht nur ein weiteres Badehaus zu errichten, sondern den gesamten Komplex der älteren Kureinrichtungen um den "Großen Sprudel" herum neu zu ordnen. Jost war mit der vorgefundenen Situation unzufrieden, in seinen Lebenserinnerungen schrieb er: "Die eigentümlich ungeordnete Lage der am nächsten bei den Sprudeln stehenden alten Badehäuser mußte dazu herausfordern, sich ein Bild zu machen, wie es sein könnte, wenn hier um die Sprudel als dem von der Natur geschenkten Heilquell und Mittelpunkt des ganzen Badebetriebes eine dieser Bedeutung entsprechende Anlage errichtet würde, die in einheitlich geschlossener Form gewissermaßen die Fassung des Kleinodes darstellen würde" (zitiert nach Enders, Denkmalpflege in Hessen 2/1991, Seite 16). Großherzog Ernst Ludwig unterstützte die Ideen Josts, 1904 ließ er eigens ein Bauamt für Neubauten des Bades in Nauheim einrichten. Mit dessen Leitung wurde Jost betraut. Neben dem Prunkstück "Sprudelhof" entstand in den folgenden zehn Jahren unter der Federführung des neuen Bauamtes eine Fülle weiterer Bauten für den Kurbetrieb. Ihr architektonischer Grundtenor ist in den meisten Fällen als historistisch-konservativ zu charakterisieren, die Baudekoration dagegen, von verschiedenen Künstlern entworfen, folgte den jeweils aktuellen Strömungen des Darmstädter Jugendstils.
Der schon mehrfach angesprochene "Sprudelhof" ist eine auf drei Seiten fast gänzlich geschlossene Anlage, die dem "Großen Sprudel" und dem "Friedrich-Wilhelm Sprudel" tatsächlich die von Jost vermißte einheitliche Fassung gab. Eine zentrale Rolle spielt dabei eine umlaufende Arkade, die insgesamt sechs eigenständigen Badehäusern Zusammenhalt verlieh. Der große Baukomplex setzte mit seiner Längsachse die Bahnhofsallee fort. Die in Nauheim seit Mitte des 19. Jahrhunderts stets bedachte Blickbeziehung vom Bahnhof zum "Großen Sprudel", später in den Kurpark hinein verlängert mit dem Johannisberg als landschaftlichen Orientierungspunkt, erhielt auf diese Weise eine monumentale Steigerung. Bis heute bietet sich denjenigen, die in Bad Nauheim mit dem Zug ankommen, eine stadträumliche Perspektive von bemerkenswerter Tiefe dar. Das immense Bauvolumen des "Sprudelhofes" erscheint dabei durch die Auflösung in einzelne Pavillonkomplexe in bewegtem Umriß. Jost nahm damit eine Bautradition auf, die besonders beliebt im Krankenhausbau des 19. Jahrhunderts war, ihre eigentliche Wurzel aber im barocken Schloßbau Frankreichs hatte. Es war nur konsequent, daß barocke Stilformen auch zur weiteren Ausgestaltung der einzelnen Baukörper beitrugen.
Von Anfang an war die neue Badeanlage als Gesamtkunstwerk gedacht, in dem Architektur, Kunsthandwerk, Plastik und Malerei sich jeweils auf eigene Weise Geltung verschaffen sollten. Im Äußeren gaben die kupfernen Dachtürme der beiden westlichen Badehäuser einen ersten Hinweis, daß es um mehr ging als die solide Erfüllung eines Bauprogrammes. Die florale Jugendstil-Kontur der Aufsätze gab ein unübersehbares Gegengewicht ab zum sonst vorherrschenden Neu-Barock. Gleiches galt für die Neufassung der beiden großen Sprudel. Nach einem internen Wettbewerb kam der Vorschlag des Darmstädter Bildhauers Heinrich Jobst zur Ausführung. Seine aus Kalkstein bestehende Ummantelung der Brunnen entsprach ebenfalls dem Formenkanon des Jugendstils. Der Sockel erhielt Halbplastiken von Fabelwesen, deren archaische Kraft die Wirkung der Sprudelquellen symbolisierte. In seiner Beschreibung "Die neuen Bade- und Kuranlagen in Bad Nauheim" (Göttingen 1977 und 1987) wies Axel Hinrich Murken in diesem Zusammenhang auf den "kultischen Eindruck" des "Sprudelhofes" hin, wie er auch mehrfach dessen "klösterliche Atmosphäre" hervorhob.
Die immer wieder herausgestellte Gestaltungsvielfalt der gesamten Anlage kulminierte zweifellos in den Badehäusern. Wartehalle, Badezellen sowie Personal-und Versorgungsräume umgaben jeweils einen offenen Binnenbezirk, der die Gestalt eines Schmuckhofes annahm. Jost selbst lieferte Entwürfe bis ins kleinste Ausstattungsdetail, für die Wartehallen und Schmuckhöfe zog er verschiedene Künstler hinzu. Er konnte dabei auf den Kreis zurückgreifen, der sich in Darmstadt um die Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe bildete. Großherzog Ernst Ludwig ergriff 1899 die Initiative zu dieser Werkgemeinschaft von Architekten, Kunsthandwerkern und freien Künstlern. Sein Ziel war, zeitgemäße Gestaltung und Herstellung von Architektur sowie von Gebrauchsgegenständen mit künstlerischen Ambitionen zu verbinden. Der Sprudelhof war einer der Proben auf''s Exempel. Josts Möbelentwürfe wurden in den Darmstädter Werkstätten von Ludwig Alter und Josef Glückert hergestellt; die Bauplastik, meist vom schon bekannten Heinrich Jobst entworfen, stammte aus der Darmstädter Keramikmanufaktur Jacob Julius Scharvogels. Der Gestaltungsreichtum der Badehäuser kann hier nicht erschöpfend gewürdigt werden. Festzuhalten bleibt sein ausgeprägt eklektischer Charakter. Jost griff auf antike Motive zurück wie auf solche aus dem Barock und der Renaissance; umgekehrt entwarf er Möbel, deren stereometrische Form ganz den sachlichen Anforderungen seiner Zeit gehorchte. Ein Grund für diesen vordergründig als Widerspruch zu interpretierenden Sachverhalt ist sicher darin zu sehen, daß der "Sprudelhof" vielfältige Publikumsschichten ansprechen und unterhalten sollte. Einen weiteren Aspekt trägt die Person des Architekten Jost bei. Im starken Maße war er noch geprägt von der historistischen Architektur, die Georg Wickop, Friedrich Pützer und Karl Hofmann als seine Lehrer während des Studiums an der TH Darmstadt vertraten. Die Darmstädter Künstlerkolonie war für Jost ein neuer Einfluß. Es dürfte ihm nicht schwergefallen sein, ihn in sein Werk zu integrieren. Zwischen der bewegten Linienführung des von Jost bevorzugten Neubarock und den Formvorstellungen des Jugendstils gab es ohnehin eine nicht zu übersehende Affinität.
Josts "Sprudelhof" fügte sich ebenso wie seine weiteren großen Entwürfe für die neue Trinkkuranlage, die Erweiterung des Kurhauses oder die Gärtnerei am nordwestlichen Kurparkrand in den städtebaulichen Rahmen Bad Nauheims, der seit Ende der 1850er Jahre seine feste Gestalt hatte. Eine vollkommen eigenständige Leistung Josts auch hinsichtlich des Städtebaus war dagegen sein Ensemble technischer Bauten "Am Goldstein". Seinen Namen erhielt es nach der höchsten Erhebung eines östlich der Nauheimer Bahnlinie verlaufenden Bergrückens. Auf dessen westlichem Hangausläufer wurde in Nachbarschaft zu einem schon seit den 1890er Jahren bestehenden Park 1905-1911 zunächst eine Maschinenzentrale mit Heizkraftwerk, dann eine Waschanstalt und schließlich die in anderem Zusammenhang schon angeführte neue Saline errichtet. Der Standort war durch die Bahnlinie vom übrigen Stadtgebiet getrennt, eine Distanz der Zweckbauten zumal vom Kern des Kurbetriebs war erwünscht. Ihre Lage gegenüber dem Empfangsgebäude des Bahnhofs brachte es aber mit sich, daß sie zumindest für den Bahnreisenden zusammen mit dem "Sprudelhof" das "Entrée" der Stadt bildeten. Jost antwortete auf diese Herausforderung mit einem dem Bahnhof zugekehrten und allen drei Einrichtungen gemeinsamen Schmuckhof und mit einer im Vergleich zu seinen übrigen Nauheimer Bauten nicht minderen architektonischen Sorgfalt. Es lag in der Natur der Aufgabenstellung, daß sich Jost bei den Neubauten am Goldstein weiter von seinen historistischen Vorbildern entfernte und freier gestaltete.
"Burgareal"
Im 18. Jahrhundert baute die Familie von Greiffenclau den nordwestlich Nauheim vorgelagerten herrschaftlichen Sitz zu einem Hofgut mit getrennten Wohn- und Wirtschaftsgebäuden aus. Sie sind noch erhalten, wenn auch inzwischen in umgestalteter Form. Das Hofgut lehnte sich an den Mauerring des Dorfes an, eine Verbindung bestand nur mittels einer Pforte in der Verlängerung der südlichen Burgstraße. Entlang der südlichen Wirtschaftsgebäude verlief ein Graben, der noch heute von der Burg- und der Brunnenstraße aus einzusehen ist. Die Verhältnisse änderten sich, als das Hofgut 1816 in gemeindlichen Besitz wechselte. In der Folgezeit entstanden auf dem ehemals herrschaftlichen Areal eine Vielzahl von öffentlichen Einrichtungen, zu denen das Amtshaus (Burgstraße 26), das Gefängnis (Johannisstraße 3), das Feuerwehrgerätehaus (Johannisstraße 5) und die Marktlaube (Burgplatz 1) zu rechnen sind.
Die Marktlaube flankierte einen freien Platz westlich der ehemals herrschaftlichen Wohngebäude (Burgstraße 20-24), auf dem ein Löschteich angelegt war. Zuvor war der Platz (heute: Burgplatz) Teil des weitläufigen "Burggartens", der sich dem Greiffenclau'schen Hofgut nach Westen anschloß. Das Gartengelände wurde Mitte des 19. Jahrhunderts Ausgangspunkt einer sich nach Westen erstreckenden Ortserweiterung, in der vornehmlich Handwerker, niedrigere Bedienstete der Saline und des expandierenden Kurbetriebs eine Wohnstatt fanden (Schnurstraße, Johannisstraße).
Das auffälligste Element des Burgareals ist der Torbogen der Burgscheune. Er wurde 1906 durchgebrochen, in den Bogenscheiteln jeweils mit dem Nauheimer Wappen als Bauschmuck. Aufgabe des Torbogens war, die genannte Orsterweiterung um Schnur- und Johannisstraße mit dem übrigen Stadtgebiet zu verbinden. Die Maßnahme wurde möglich, weil die Schule von 1869 (Friedrichstraße 3) östlich der Burgscheune 1902 ihre ursprüngliche Nutzung verlor. Mit dem Einzug zunächst der Apotheke, dann des Rathauses wurde der Schulhof entbehrlich und gab der neuen Wegeführung den erforderlichen Raum.
Parkstraße, nördliche Kurstraße
Die nördliche und nordöstliche Umgebung des Dorfes Nauheims wurde ab der Mitte des 19. Jahrhunderts durch ein regelmäßiges Straßenraster städtebaulich erschlossen. Die voraussehbare Expansion des gerade am Beginn seiner Entwicklung stehenden Kurortes Nauheim sollte in geordneten Bahnen verlaufen. Parkstraße und nördliche Kurstraße, damals die Neue Straße, waren von Anfang an nur einseitig bebaut vorgesehen. Zum Usa-Tal im Osten und zum Hangausläufer des Johannisbergs im Norden entstand eine bauliche Kante, die heute als prägende Form im Nauheimer Stadtbild angesehen werden kann.
Der Anschluß des Erweiterungsgebietes an die schon bestehende Ortschaft Nauheims machte einige Modifikationen erforderlich, was die angesprochene Regelmäßigkeit der neuen Straßengevierte betraf. Die Alicenstraße hat ihren nördlichen Ausgangspunkt in einem kleinen Marktplatz, der die geschlossene Front der Parkstraße unterbricht. Nach ihrer Kreuzung mit der Stresemannstraße knickt sie nach Osten ab, um dem Verlauf des alten Dorfrandes von Nauheim zu folgen. Aus demselben Grund mußte auch bei der Stresemannstraße auf die sicher angestrebte Geradlinigkeit verzichtet werden. Von der nördlichen Kurstraße aus und parallel zur Parkstraße konnte sie nur absschnittweise ausgebaut werden, erst nach dem Abbruch eines älteren Schulgebäudes bei der Reinhardskiche in den 1890er Jahren konnte sie bis zur Friedrichstraße und zur Schule von 1869, heute Rathaus, verlängert werden. Stresemannstraße ebenso wie die Alicenstraße ist gegenwärtig Fußgängerzone. Damit geht eine Konzentration von Läden und Dienstleistungseinrichtungen einher. Der in beiden Fällen gegebene historische Tatbestand der Nahtstelle zwischen Dorf und Kurstadt gerät in den Hintergrund, bleibt aber an einzelnen Stellen offensichtlich. Der Einblick von der insgesamt als städtisch zu charakterisierenden Stresemannstraße in die enge Schulstraße zeigt das dörfliche Nauheim.
Die meisten der ab 1850 im angesprochenen Erweiterungsgebiet errichteten Neubauten waren Pensionen zur Unterbringung von Kurgästen, anspruchsvollere Hotels hatten hauptsächlich in der nördlichen Kurstraße aufgrund der Nähe zu den Badeeinrichtungen ihren Standort. In den vollkommen geschlossenen Straßenansichten dominieren die Bauten aus der Zeit um die letzte Jahrhundertwende mit ihren teilweise opulenten späthistoristischen Fassaden. Im Detail ergibt sich ein differenziertes Bild, das einen schlichten verputzten Fachwerkbau aus der Frühphase der Kurstadtentwicklung (Stresemannstraße 4) ebenso einschließt wie Jugendstilbauten (etwa Alicenstraße 19). Umbauten, meistens von Geschäftsnutzungen veranlaßt, haben die historischen Straßenbilder zwar häufig verändert, ohne sie aber ganz auslöschen zu können. Lediglich der Sparkassen-Komplex an der Ecke von Alicenstraße und Stresemannstraße mit einem achtgeschossigen Hochhaus als Dominante fällt vollständig aus dem Rahmen des überkommenen Gesamteindruckes und wurde deshalb aus dem Bereich der denkmalgeschützten Gesamtanlage ausgeklammert.
Kurpark mit Gärtnerei am Kaiserberg und Wasserwerk
Der 1857-58 angelegte Kurpark, der auch als einzelnes Kulturdenkmal (Sachgesamtheit) gewürdigt wird, fügt die unterschiedlichen Teilgebiete Nauheims zu einem einheitlichen Stadtbild zusammen. Die auf den Schöpfer des Kurparks, Heinrich Siesmayer, zurückgehende Achse vom Bahnhof zu den von der "Curve" (Ludwigstraße) gefassten Badehäusern und weiter über die Usa bis zum mitten im Park gelegenen "Rondell" wurde zu späterer Zeit ergänzt und in ihrer räumlichen Wirkung, die von Beginn an Landschaft und Baulichkeit gleichermaßen umfaßte, weiter gesteigert. An erster Stelle ist in diesem Zusammenhang der "Sprudelhof" zu nennen, der das Konglomerat älterer Badehäuser um die beiden großen Nauheimer Solequellen ersetzte. Die Längsachse des umfangreichen neuen Baukomplexes fügte sich genau in die genannte Sichtbeziehung zwischen Parkrondell und Bahnhof. Gleichzeitig mit dem Sprudelhof entstand östlich des Bahnhofsgeländes, jenseits des Gleiskörpers, ein Ensemble technischer Bauwerke. Seitdem schiebt sich vom Sprudelhof Richtung Bahnhof der gebauchte Schornstein eines Elektrizitätswerkes als zusätzlicher "point de vue" ins Bild.
Der erweiterten Blickbeziehung nach Osten folgte im Westen eine Entsprechung durch den quergelagerten Neubau des Restaurationsbetriebs auf dem Johannisberg Anfang der 1930er Jahre. Die topographischen Zusammenhänge, die sich dem Betrachter von dessen Aussichtsterrasse erschließen, sind für die Wetterau einzigartig. Den Hang hinab zur Stadt durchschneidet der Blick zunächst den zur Usa flach auslaufenden Kurpark; jenseits des Flusses wird er über den Sprudelhof und die anschließende Bahnhofsallee allmählich auf den Usa- und Wetter-Tal scheidenden Bergrücken des Goldsteins gelenkt. Die sich anschließende Weite der östlichen Wetterau wird bei klaren Sichtverhältnissen am Horizont von Vogelsbergausläufern gefasst. Im Vordergrund zentriert sich die Stadt Bad Nauheim um den Kurpark; in der Parkstraße, die zusammen mit einer Allee dessen Südseite flankiert, sowie in der nördlichen Kurstraße, die den kleinen zur Trinkkur gelegenen Parkteil begrenzt, ist unter dem Aspekt der Nutzungsvielfalt das intensivste städtische Leben Nauheims zu beobachten. Die beiden einseitig bebauten Straßen waren als städtebauliche Vorgabe bereits vor dem Kurpark angelegt. Eine Neu-Erfindung aus dem Siesmayerschen Parkkonzept war dagegen die als "Curve" bezeichnete Ludwigstraße. In Form eines Bogens sollte sie zunächst nur den Badehäusern auf der linken Usa- Seite eine Fassung verleihen und mit dem übrigen Parkgelände rechts des Flusses verbinden. Zugleich wurde sie Ausgangspunkt einer Stadterweiterung Richtung Bahnhof, die sich in den Jahrzehnten bis zur Jahrhundertwende vollzog. Die Ludwigstraße mit ihrer an einen Crescent erinnernden Bebauung steuerte ein städtebaulich besonders schönes Erscheinungsbild bei.
Der Nauheimer Kurpark entwickelte sich an seinen Rändern in kurzer Zeit zum städtischen Brennpunkt, zugleich definierte er Übergänge zur freien Landschaft. Nach Norden erstreckte sich der Park flußaufwärts in das Usa-Tal bis zum Nauheimer Teich. Die in diesem Parkteil freiere Umgebung war als Standort landschaftsbezogener Einrichtungen besonders geeignet. In zeitlicher Reihenfolge sind dazu das Wasserwerk am Westufer des Teiches aus der Zeit um 1900, die etwas jüngere, aber auch noch vor dem Ersten Weltkrieg erbaute Gärtnerei "Am Kaiserberg" und das Eisstadion aus den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ebenfalls am Westufer des Teiches zu rechnen. Das Wasserwerk ist eine kleine denkmalgeschützte Gesamtanlage. Es ist als Zeugnis einer Phase anzusehen, in der die technische Infrastruktur der Kurstadt Bad Nauheim allmählich den neuen Erfordernissen der Zeit angepasst wurde. Die angesprochene Gärtnerei gehört zum Nauheimer Gesamtkunstwerk des Architekten Wilhelm Jost und ist aus baugeschichtlichen und künstlerischen Gründen auch als Einzeldenkmal geschützt. Die zusätzliche Ausweisung einer Gesamtanlage zielt vor allem auf die umgebenden Anbauflächen, die mit leichter Hangneigung unmittelbar an den Park anschließen. Das Eisstadion ist aufgrund der seit seiner Entstehung erfolgten Umbauten mehr eine Gestalt der Gegenwart als der Geschichte und damit kein Gegenstand der Denkmalpflege.
Anhand der vorliegenden Materialien ist es nicht möglich, eine zuverlässige Aussage zum ursprünglichen Zustand des Kurparkes zu machen. Baulichkeiten spielten von Anfang an eine wichtige Rolle in der Siesmayerschen Parkanlage. Neben dem geplanten Kurhaus, dem Vorschlag zur Neuordnung der Badehäuser, der Berücksichtigung der schon bestehenden Trinkkuranlage und des ebenfalls schon älteren Teichhauses sah Siesmayer eine Fülle von Bauwerken wie Brücken, Pavillons oder Tempietti als Staffage vor. Von den nach der ersten Anlage des Parks 1857-58 erfolgten Veränderungen sind an erster Stelle die Eingriffe Wilhelm Josts zu nennen. Er ergänzte den überkommenen Baubestand beträchtlich, der damit verbundene Verlust an Grünfläche wurde durch die Bereicherung des Parkbildes wieder gutgemacht. Jost bediente sich bei seinen Baumaßnahmen im Äußeren einer neubarocken Pavillonarchitektur, die sich den Landschaftsszenerien des Parks harmonisch einfügte. Josts Sprudelhof stand dabei in unmittelbarer Tradition der Überlegungen Siesmayers, der ja auch schon einen Vorschlag zur Neuordnung der Badehäuser um Binnenhöfe unterbreitete. Die neue Trinkkur, die Erweiterung des Kurhauses, die Tennisanlage, zusammen mit dem Sprudelhof in dem Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg entstanden, waren dagegen ohne Vorläufer. Jost stand, was bauliche Veränderungen im Nauheimer Kurpark betrifft, nicht allein. Als er seine Tätigkeit in der Badestadt Anfang des 20. Jhs. begann, plante Ludwig Hofmann den Neubau der evangelischen Dankeskirche in dem geometrische gegliederten Parkgelände südlich der Parkstraße. Die auf freie Sicht von allen Seiten monumental angelegte Kirche ersetzte an gleicher Stelle das aus den 1830er Jahren stammende erste Nauheimer Kurhaus, das Siesmayer in seiner Zeichnung des Parkentwurfs übrigens negierte. Möglicherweise störte er sich an der willkürlich anmutenden Lage vor der geschlossenen Bebauung der nördlichen Kurstraße. Die Reihe der historisch zu würdigenden nachträglichen Bauwerke im Nauheimer Kurpark wird von zwei Projekten des Architekten Metzger abgeschlossen. Das noch aus den 20er Jahren stammende Balneologische Institut ordnete sich vollkommen dem Sprudelhof unter. Eigenständiger gestaltete Metzger das Kerckhoff-Institut von Anfang der 1930er Jahre. Am westlichen Usa-Ufer gelegen und über eine eigens geschaffene Brücke erschlossen ist der Gestus gegenüber dem Publikum übertrieben feierlich.
Bei den jüngeren Neubauten im Park verbietet sich aufgrund des fehlenden zeitlichen Abstandes eine Würdigung unter dem Aspekt des Denkmalschutzes. Problematisch für den Fortbestand des Parks sind vor allem die bei heutigen Nutzungen für erforderlich erachteten Vorkehrungen für den ruhenden Verkehr. Dem neuen Hallenbad auf der Nordseite des Sprudelhofes korreliert ein großer Parkplatz im Süden. Die in Anspruch genommenen Flächen wurden in beiden Fällen aus der denkmalgeschützten Gesamtanlage ausgeklammert, da sie vom ursprünglichen Charakter der Sprudelhof-Umgebung zu stark abweichen. Er war gekennzeichnet von den kleineren, in Grünflächen eingebetteten Badehäusern des 19. Jhs., die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden oder der Nachkriegsentwicklung zum Opfer fielen.
Ähnlich wie mit dem Hallenbad in der Nachbarschaft des Sprudelhofes verhält es sich mit dem neuen Kongresshotel unmittelbar nördlich des Kurhauses. Bequeme Anfahrt und Parkplätze haben auch hier den Charakter der Freiflächen stark verändert, hinzu kommt, dass die Hotelnutzung vom Standort des Parkes profitiert, ohne ihm selbst eine zusätzliche Qualität zu verleihen. Als Konsequenz bleibt das Kongresshotel mit seiner umgebenden Funktionsfläche aus dem Gesamtanlagenbereich "Kurpark" ausgeschlossen.
Die Anfahrt zum Hotel wurde als großzügige Fahrerschließung des Teichhauses und des Eisstadions fortgeführt. Die Grünflächen am Rande der Straße, ursprünglich Teil des Siesmayerschen Planes, sind heute ein gestalterisch neutralisierter Übergang zwischen der Gärtnerei "Am Kaiserberg" und dem östlich gelegenen Park. Eine Rekonstruktion, die den ursprünglichen Vorstellungen Siesmayers folgt, scheint hier möglich und sinnvoll. Aus diesem Grunde bleiben die betreffenden Flächen Teil der denkmalgeschützten Zone.
Der im Hinblick auf seine ständigen Veränderungen ausgesprochen dynamische Charakter des Parks führt bei dem Versuch, ihn denkmalpflegerisch festzuschreiben, manchmal zu kuriosen Entscheidungen. Auf der im übrigen unbebauten Seite der nördlichen Kurstraße befand sich in der 1. Hälfte des 19. Jhs. ein kleinteilig bebauter vierseitiger Hof, der später vom Park umschlossen wurde. Aus ihm entwickelte sich das große Kurhotel "Sprengel". Bei der Denkmalerfassung in den späten 1980er Jahren stand es ungenutzt leer. Aufgrund seines Stellenwerts für die Nauheimer Stadtgeschichte wurde es in den Ensemble-Denkmalschutz einbezogen. Zwischenzeitlich abgebrochen, entsteht es derzeit in den alten Umrissen neu. Heinrich Siesmayer hätte die Stelle offenbar lieber unbebaut gesehen, denn den Hof als Vorgänger des Hotels zeichnete er wie das in der Nähe befindliche erste Nauheimer Kurhaus nicht in seinen ersten Parkentwurf ein. Der Wiederaufbau des Hotels findet seine Begründung weniger im Aspekt der Denkmalpflege als in einer Art baulicher Bestandsgarantie für den Eigentümer.
Durch die Ausweisung von Baugebieten entlang der Frankfurter Straße und im Bereich der heutigen Burgallee hat der Kurpark in seiner Ausdehnung Verluste erlitten. Ein Zuwachs ist die das ehemalige Inhalatorium umgebende Grünfläche, die zusammen mit einem inzwischen nach Bad Salzhausen translozierten Badehaus Ende des 19. Jhs. am Ost-Ufer der Usa angelegt wurde. Mit dem Siesmayer'schen Parkteil auf der Flusseite gegenüber geht sie eine organische Verbindung ein und ist ebenfalls im Sinne der Gesamtanlage unter Denkmalschutz zu stellen.
Villengebiet Frankfurter Straße, Bahnhofsallee
und Ludwigstraße
Zwischen dem von der Ludwigstraße umgebenen Areal der älteren Nauheimer Badehäuser im Westen sowie der Main-Weser-Bahn-Trasse im Osten entwikelte sich von der Mitte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein Villengebiet von einheitlichem Erscheinungsbild. Hotels, Pensionen, Niederlassungen und Wohnungen von Kurärzten waren die vornehmlichen Nutzungen. Städtebauliches Rückgrat des Viertels sind drei Straßen. Die älteste von ihnen ist die nord-südlich verlaufende Frankfurter Straße, der Nauheim tangierende alte Landweg zwischen Friedberg und Butzbach, Anfang des 19. Jahrhunderts zur bequemer zu befahrenden Chaussee ausgebaut. Quer dazu entstand zu Beginn der 1850er Jahre eine kurze Stichverbindung nach Osten zum ersten Nauheimer Bahnhof, die in Gestalt einer Allee nach Westen bis zum Großen Sprudel verlängert wurde. Heinrich Siesmayer ließ sie schließlich im Scheitelpunkt der bogenförmig geführten Ludwigstraße enden und konstituierte damit das heutige Straßenbild in seinen wesentlichen Grundzügen. Es wurde durch im Raster erschlossene Baublöke vervollständigt. Das Aufeinandertreffen der Straßen, die strahlenförmig von der bogenförmigen Ludwigstraße abgingen, mit denen des rechtwinkligen Erschließungsrasters führte zu städtebaulich herausgehobenen Punkten. Sie wurden auch architektonisch entsprechend herausgestellt.
Im Aufriß werden die Straßenzüge von historistischen Bauten geprägt, als bevorzugter Baustil ist die Neo-Renaissance auszumachen. Daneben gibt es Beispiele für den Klassizismus aus der frühen Phase des Gebiets (Ludwigstraße 3 und 5) wie für den Jugendstil aus der späten. Neben einzelnen Pensionen sind es vor allem die Großbauten "Sprudelhof" und Bahnhof, die der Reformarchitektur des Jahrzehnts vor dem 1. Weltkrieg zuzurechnen sind. Der historische Charakter des Quartiers ist besonders gut in den kleineren Straßen wie Lessing- oder Lindenstraße erhalten. Neben den alten Bauten sind Baumbestand (Alleen) und Einfriedung mit Hecken oder baulichen Elementen wichtige Merkmale. An den Hauptverkehrswegen Ludwigstraße, Bahnhofsallee und Frankfurter Straße wurden seit der Zeit nach dem 2. Weltkrieg Veränderungen vorgenommen, die im Hinblick auf Bauvolumen und Gestaltung als Störung des überkommenen Ensembles gelten müssen. Sie wurden aus der Zone der denkmalgeschützten Gesamtanlage ausgeklammert. Die städtebaulichen Brüche des Gebiets wurzeln bereits in seiner Entstehungsgeschichte, in seiner Kopplung an das "Auf" und "Ab" der Kurstadtentwicklung. Das in einer Usa-Schleife gelegene Gelände nördlich der Ludwigstraße war Teil des Kurparkes, wurde dann zur Bebauung erschlossen. Als deren Verwirklichung auf sich warten ließ, kam es zur Anlage eines Freibades. Erst nach dessen Aufgabe in der jüngsten Vergangenheit erfolgte die Bebauung. Unter dem Aspekt der städtebaulichen Kontinuität ist zu bedauern, daß dabei das historische Ordnungsmuster der Raumkanten, die von der Straßenführung bestimmt sind, vernachlässigt blieb. Es wurde bereits angesprochen, daß die Frankfurter Straße einst ein alter Landweg war. Jahresringen entsprechend dehnte sich die Bebauung aus mit der Kreuzung zur Bahnhofsallee als Kern. Da bewußte Zäsuren nicht vorgenommen wurden, Überformungen unvermeidlich waren, war das inzwischen äußerst heterogen gewordene Straßenbild zwangsläufig. Der zunehmende Durchgangsverkehr hinterließ mit vielen und umfangreichen Regelungszeichen seine Spuren. Der Frankfurter Straße droht gegenwärtig eine Wandlung vom erlebbaren Stadtraum zur reinen Verkehrsschneise.
Südliche Ortserweiterung mit Mittelstraße,
südlicher Karlstraße, südlicher Kurstraße,
Ernst-Ludwig-Ring, Lutherstraße, Trinkkur
und Karlsbrunnen
Das Straßennetz südlich des alten Dorfes Nauheim vervollständigte sich in dem Jahrzehnt vor dem 1. Weltkrieg zu seinem heutigen Umfang. Was in der Plandarstellung der denkmalgeschützten Gesamtanlage als einheitliche Fläche erscheint, ist tatsächlich eine Addition sukzessiv entstandener Straßenzüge.
Seit der frühen Neuzeit verließ die Mittelgasse Nauheim durch ein Tor im Süden der Ortsummauerung. Die alte Wehranlage wurde im 19. Jahrhundert beseitigt, im heutigen Ortsbild übernimmt an der angesprochenen Stelle der große Hof Mittelstraße 7 die Aufgabe, Zäsur zwischen Dorfkern und südlichem Vorfeld zu sein. Bis vor kurzem wurde das bäuerliche Anwesen darin von dem gegenübergelegenen Hirtenhaus unterstützt, das aber zwischenzeitlich einem widerrechtlichen Abbruch durch den Eigentümer zum Opfer fiel.
Der ehemalige Friedhof vor der Südseite des Dorfes Nauheim kam bereits als denkmalgeschützte Gesamtanlage zur Sprache. Die Mittelstraße tangiert westlich die heute inzwischen zu einem kleinen Park umgewandelte Fläche. Auf der dem Park gegenübergelegenen Seite erhielt die Mittelstraße eine Bebauung nach einem Entwurf des Architekten Leonhard Kraft, die als geschlossene Zeile konzipiert wurde. Wenn auch im Detail verändert, sind bis heute die grundlegenden Charakteristiken einer für die Entstehungszeit üblichen "Landhausarchitektur" zu erkennen und erhaltenswert.
Etwas weiter südlich gabelt sich die Mittelstraße in die Friedberger Straße, die dem Usa-Tal flußabwärts folgt, und in die Homburger Straße, die weiter westlich nach Ockstadt führt. Die Gabelung selbst wird räumlich markant durch eine mit der Kraft'schen Zeile ungefähr zeitgleichen Bebauung, die aber dichter ist und auf diese Weise "städtischer" wirkt.
Die südliche Karlstraße ist die Verlängerung einer der Verkehrswege über die Hauptstraße hinaus, die zur regelmäßigen Ortserweiterung Nauheims aus den 1850er Jahren gehörten. Sie wurde vermutlich erst um 1900 angelegt, ihr Endpunkt an der Friedberger Straße ist nochmals jünger. Die südliche Karlstraße wird gesäumt von einer offenen späthistoristischen Bebauung, durch den Verzicht auf Vorgärten hat sie im Unterschied zu dem Gebiet von Frankfurter Straße und Bahnhofsallee den villenartigen Gestus eingebüßt.
Die Reihe der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straßen wird abgeschlossen von der Kurstraße. Der nördliche Abschnitt begrenzt, wie schon abgehandelt, einen Teil des Kurparks, sie berührt dann im weiteren Verlauf eine Grünanlage am 1868 erbohrten Karlsbrunnen, bevor sie ursprünglich als Stichweg das Areal der alten Saline erschloß. Nach dessen Auflassung, die von der 1911 in Betrieb genommenen neuen Saline "Am Goldstein" ermöglicht wurde, konnte die Karlstraße bis zur Friedberger Straße durchgeführt werden, im Unterschied zur geschlossenen und gemischt genutzten Bebauung ihres nördlichen Abschnitts wurde sie im ehemaligen Salinen-Gebiet Standort freistehender Einfamilien-Wohnhäuser.
Quer zu Mittelstraße, südlicher Karl- und Kurstraße verlaufen Ernst-Ludwig-Ring und Lutherstraße, beide aufgrund des vom Usa-Tal aus ansteigenden Geländes mit reizvollen Straßenbildern. Der Ernst-Ludwig-Ring zeichnet sich zusammen mit seiner Fortsetzung bis zur Frankfurter Straße, dem Eleonorenring, durch eine Folge von Großbauten aus. Dazu sind die evangelische Wilhelmskirche, die Stadtschule, die Ernst-Ludwig-Schule, das Postamt, die Trinkkur mit dem gegenübergelegenen ehemaligen "Grand-Hotel" und schließlich die katholische Bonifatiuskirche bereits auf der linken Usa-Seite zu zählen. Die Umgestaltung der Trinkkur von einer zunächst einfachen Wandelhalle zur prächtigen Hofanlage Wilhelm Josts, die im Süden durch einen Torbau am Ernst-Ludwig-Ring zugänglich ist, war 1911 abgeschlossen. Die Gärtnerei, die zuvor das Gelände zwischen der alten Trinkkur und der Saline in Anspruch nahm, entstand am nordwestlichen Rand des Kurparks neu (Gärtnerei "Am Kaiserberg").
Gebiet "Burgallee" sowie ehem. "Weinberg" mit Gustav-Kayser-Straße, Höhenweg und Mondorfstraße
Südwestlich des Kurhauses sollte sich nach dem Plan Heinrich Siesmayers der Kurpark fortsetzen. Heute ist zwischen Terrassenstraße im Osten und Burgallee im Westen auf ein Hotel- und Pensionen-Viertel von einheitlichem Charakter zu treffen. Es stammt aus der Zeit gegen Ende des letzten Jahrhunderts. Auch wenn über die näheren Umstände des Bebauungsbeschlusses, der sich zu Lasten des Kurparks auswirkte, nichts bekannt ist, so dürften die Motive gerade in dessen privilegierter Nähe zu suchen sein. Einige jüngere Bauten sind aus dem Bereich der schützenswerten Gesamtanlage ausgeklammert, vor allem auf der Nord-Seite der Parkstraße. Als Bestandteil der Gesamtanlage wurde jedoch das 1978-82 entstandene Mehrfamilienhaus Burgallee 6 des Architekten Johannes Peter Hölzinger in Zusammenarbeit mit dem Zero-Künstler Hermann Goepfert mit aufgenommen, da es Gestaltungselemente der älteren Bebauung in moderner Form aufnimmt und sich in die Umgebung im Sinne einer Stadtreparatur einfügt. Im Hinblick auf die Begrenzung des Kurparks durch bebaute Flächen hat die verlängerte Allee vom südlichen Kurparkrand als historische stadträumliche Anlage eine umso größere Bedeutung für das Gebiet. Umso größere Bedeutung hat hier die verlängerte Allee vom südlichen Kurparkrand als historische stadträumliche Anlage. Sie endet zwar bereits an der Einmündung der Burgallee in die Parkstraße, verbindet sich aber im Stadtbild mit der etwas weiter westlich gelegenen Grünanlage des ehemaligen Nauheimer Weinbergs. Das zuvor private Gelände am Fuße des Johannisbergs gelangte 1898 in städtische Besitz. Der Weinanbau wurde aufgegeben, um die neu geschaffene Grünfläche herum wurde zu Bauzwecken parzelliert mit Gustav-Kayser-Straße, Mondorfstraße und Höhenweg als Erschließung. In der freistehenden Wohnhausbebauung stehen historistische Villenarchitektur und mehr am Jugendstil angelehnter Landhausbau konkurrierend nebeneinander. Viele der Einzelgebäude sind baukünstlerisch herausragend und auch als einzelnes Kulturdenkmal ausgewiesen; ein besonderer Reiz des Gebietes liegt in der Folge von Treppenwegen, die den Hang von der Spitze des Johannisbergs bis hinab zu Johannis- und Schnurstraße durchziehen. Sie kreuzen dabei die parallel zu den Höhenlinien verlaufenden Fahrwege. Die Weinbergbebauung umschließt zusammen mit der Bebauung zwischen Burgallee und Terrassenstraße die Nord-West-Ecke des älteren Nauheimer Siedlungsgebietes, die ursprünglich von einem befestigten herrschaftlichen Sitz eingenommen wurde. Die östlichen Parzellen der Gustav-Kayser-Straße werden rückwärtig von der Einfriedung des ehemaligen "Burggartens" begrenzt.