Die zwischen Bürgerstadt im Süden und Frauenberg im Norden eingespannte Gesamtanlage ist heute im wesentlichen bestimmt durch die beiden barocken Repräsentationsbauten Dom (Domplatz 1) und Stadtschloß (Schloßstraße 1), die - einander gegenüberliegend - eine Trennung von geistlicher und weltlicher Macht vorgeben, wie sie in Fulda in der Person des beide Bereiche repräsentierenden Fürstabts bzw. Fürstbischofs jedoch kaum zum Tragen kam.
Der siedlungsgeschichtlich älteste Teil der Gesamtanlage und darüber hinaus auch der Stadt Fulda ist das Gelände des Domes und des Domplatzes, die Gründungsstätte des von Winfried Bonifatius initiierten Benediktinerklosters. Das heute topographisch völlig veränderte Gelände, das sich ursprünglich als eine erhöht liegende, von der Fulda und der noch offenen Waides geschützte Muschelkalk-Prallterrasse darbot, war bereits in der Römischen Kaiserzeit von dem Volksstamm der Chatten besiedelt, die hier wahrscheinlich ein kleines, aus mehreren Holzhäusern bestehendes Dorf errichtet hatten. Dies läßt sich aus den Befundergebnissen mehrerer Grabungen schließen. Aufschlußreiches Resultat der Grabungen war auch die Ortung von Fundament- und Mauerresten einer fränkisch-merowingischen Curtisanlage, die zumindest aus drei, vielleicht auch aus vier einzelnen Steinbauten bestand. Diese vermutlich teilzerstörte Anlage, die in der Frühzeit unter dem Namen Eihloha bekannt war und von der einige Forscher annehmen, daß sie als königliche Pfalz diente, war nach einer Siedlungslücke von ungefähr 30 Jahren ab 744 von den Mönchen zumindest bis zur Erstellung von Kirche und Klausur als provisorische Unterkunft verwendet worden.
Das zunächst kleine, an Stelle der merowingischen Anlage errichtete Kloster entwickelte sich in den folgenden Jahrhunderten hauptsächlich wegen der Grablege des hl. Bonifatius im Westteil der Klosterkirche und wegen der dadurch hervorgerufenen Pilgerströme zu einer der bedeutendsten Klosteranlagen nördlich der Alpen. Die gewaltige Ratger-Basilika mit dem großen Ostparadies, die westlich anschließende Klausur und zahlreiche Funktionsbauten nahmen, von einer hohen, weiträumig ausgreifenden Mauer umgeben, das erhöht liegende Terrassengelände vollständig ein. Erst im frühen 14.Jh. erhielt diese Baumasse ein entsprechendes Pendant, als in Folge der wirtschaftlichen Trennung zwischen Abt, der als gleichzeitig weltlicher Herrscher zum Fürstabt avancierte, und Konvent die "neue Burg" jenseits der Waides errichtet wurde. In ebenfalls erhöhter Position riegelte sie die südlich gelegene Bürgerstadt nun zusätzlich nach Norden ab.
Während das Kloster in seinen baulichen Dimensionen bis in die Barockzeit weitgehend unverändert blieb, entwickelte sich die mittelalterliche Burg zu einer regelmäßig gegliederten Schloßanlage mit einem kleinen Garten. Die entscheidende und noch heute erlebbare Veränderung des weiträumigen Bereiches von Kloster und Schloß erfolgte im frühen 18.Jh., als die Fürstabtei Fulda nach Reformation und Dreißigjährigern Krieg eine neue Blütezeit erlebte. Nach den Plänen des Baumeisters Johann Dientzenhofer wurde zuerst die Kirche, dann auch das Schloß in barokken Formen neu an Stelle der Vorgängerbauten errichtet, unter Verwendung alter Bausubstanz; danach wurde auch die topographische Situation durch Überwölbung der Waides und Aufschüttung des Geländes völlig verändert. Stiftskirche und Schloß standen sich nun nicht mehr auf ihren Erhebungen, durch den Wasserlauf getrennt, isoliert gegenüber, sondern waren über einen weiten, ungepflasterten Platz enger miteinander in Beziehung gebracht. Eine weitere, zumindest optische Anbindung der beiden Bereiche wurde wenig später durch eine Hauptachse der nördlich des Schlosses entstandenen Gartenanlage geschaffen, die genau auf die Fassade der Kirche zuführte, zumindest bis zum schmiedeeisernen Portal in der begrenzenden Pfeiler-Gitter-Mauer des Parks. Das Erscheinungsbild der heutigen Gesamtanlage war somit in der ersten Hälfte des 18.Jhs. in seinen wesentlichen Zügen gefestigt, auf der einen Seite der Stiftsbezirk mit Kirche und westlich anschließendem Konventsbau (Domplatz 3/5), auf der anderen Seite die fürstliche Residenz mit Schloßpark, Orangerie und nach Nordosten sich erstreckenden Wirtschaftsgebäuden.
Auf diese beiden monumentalen Baudenkmäler sind weitere Gebäude bezogen, die meisten mit Kulturdenkmaleigenschaft. Als Teil der Schloßanlage müssen die 1757-59 erbaute Hauptwache (Bonifatiusplatz 2) und das zwischen ihr und dem nördlichen Ehrenhofflügel einst eingespannte Paulustor von 1710/11 gesehen werden. Während die Hauptwache noch heute durch ihre Position zwischen Schloß, Dom und Bürgerstadt etwas von ihrer ursprünglichen Kontrollfunktion verrät, hat das Paulustor durch die 1771 erfolgte Translozierung an das Ende der Pauluspromenade seine alte Bedeutung als Bindeglied bzw. als Grenzmarkierung zwischen den Bereichen verloren. Es bildet heute den nördlichen Eingang zur Gesamtanlage Barockviertel.
In unmittelbarer Nachbarschaft zum herrschaftlichen Residenzschloß gruppieren sich entlang der Schloßstraße und um den, mit dem zentralen Bonifatiusdenkmal des 19.Jhs. bestückten Bonifatiusplatz, dem ehemaligen Dienstagsmarkt, mehrere barocke Palaisbauten adliger Hofbeamter. Die als hochrangige Baudenkmäler einzustufenden Gebäude bilden als südlicher Abschluß der Gesamtanlage architektonische Bindeglieder zwischen dem weiträumig konzipierten Herrschaftsbereich und der kleinteilig strukturierten Bürgerstadt, sie sind beiden Gesamtanlagebereichen zuzurechnen. Zu nennen sind hier das Palais Altenstein (Schloßstraße 4/6), das trotz der Verkürzung um zwei Achsen immer noch riegelartig in die Schloßstraße vorstößt, die beiden die Friedrichstraße symmetrisch einrahmenden Bauten Hotel Zum Kurfürsten (Schloßstraße 2/Nonnengasse 21) und Palais Buttlar (Bonifatiusplatz 1/3, Pfandhausstraße 16) sowie die zwischen Dom und Schloß eingeschobenen Häuser Palais Buseck bzw. Stift Wallenstein (Bonifatiusplatz 4/4a) und Palais Schildeck (Habsburger Gasse 2). Diese Bautengruppe beherrscht als eindrucksvolles Barockensemble profaner Prägung den verkehrsreichen Knotenpunkt von Bonifatiusplatz, Friedrichstraße, Pauluspromenade und Schloßstraße.
Durch die beiden gradlinig verlaufenden Alleen Pauluspromenade und Kastanienallee vom Profanbereich getrennt, wird der Stiftsbezirk noch heute im Norden und Westen von der alten Klostermauer begrenzt. Der weiträumige Platz vordem Dom wurde zum Bonifatiusjubiläum 1954 angelegt, d.h. er wurde gepflastert und mit einer barockisierenden Balustrade versehen, die von einer achsenverschobenen, monumentalen Freitreppe unterbrochen ist. Der für die fünfzigerJahre typische Entwurf für den parabelförmig strukturierten Platz mit den seitlichen Grünflächen ist Resultat einer Teamarbeit der Architekten H. Köhler (Frankfurt), Rudolf Esterer (München), Gustav Odenwald (Fulda) und R. Willumeit (Darmstadt). Südlich des Domes gliedert sich der für Fulda baugeschichtlich bedeutende frühbarocke Winkelbau der Domdechanei mit einem barocken Wirtschaftsgebäude an der Straße Abtstor an sowie die ebenfalls bedeutende klassizistische Wohnanlage Wilhelmstraße, die unter oranischer Verwaltung an Stelle des fürstbischöflichen Altenhofes errichtet wurde. Wichtiges Glied des südlichen Stiftsbereiches ist auch das ehemalige Pförtnerhaus des Domdechaneitores, das nach seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1952 originalgetreu in seinen barocken Formen wiederaufgebaut wurde. Es befindet sich an der Südostecke des zur Domdechanei gehörigen Barockgartens. Nördlich des Domes und des vielflügeligen ehemaligen Konventsbaues (heute Priesterseminar) gruppieren sich innerhalb historischer Mauerzüge zunächst der raumprägende spätbarocke Bibliotheksbau von Karl Philipp Arnd (Domplatz 2) und die moderne Seminarkapelle des Sep Ruf, den nordwestlichen Abschluß bilden teilweise alte Wirtschaftsgebäude und das 1968 errichtete Domküsterhaus mit einer Durchfahrt (Schultor) für die Straße Hinterburg. In der Durchfahrt befindet sich innerhalb einer Wandnische ein kleines, hölzernes Vesperbild. Die Bezeichnung Schultor (ursprünglich Stephanstor wegen einer einst hier befindlichen gleichnamigen Kapelle) erinnert an das klassizistische Gebäude der Dompfarrschule von 1826, das bis in die fünfziger Jahre seitlich des Tores, an Stelle des heutigen Dompfarrhauses (Hinterburg 2), stand.
Oberhalb der den Domplatz nach Norden abschließenden Sandsteinstützmauer, die um 1720 entstand und deren Balustrade den Weg Michaelsberg begrenzt, erhebt sich die Kirche St. Michael (Michaelsberg 1). Als karolingischer Zentralbau (Memorialbau) auf dem Friedhof der Mönche errichtet und im Mittelalter mehrmals verändert bzw. erweitert, zählt diese Kapelle mit ihrer noch erhaltenen Krypta zu den bedeutendsten Bauwerken Deutschlands. Durch ihre herausragende Position setzt sie im nördlichen Bereich der Gesamtanlage einen deutlichen Akzent und dominiert neben der Domfassade den Domplatz. Sie verdeckt das ihr angegliederte Bischöfliche Palais, den ehemaligen Repräsentationsbau der Propstei Michaelsberg. Von dieser Propstei sind noch ältere Bauten erhalten, die sich nach Norden anschließen; auch sind Teile der alten Gartenanlage vor und hinter den Gebäuden noch vorhanden. Ganz im Norden bildet der Atriumbau des Bischöflichen Generalvikariats von 1965 den Endpunkt der Gesamtanlage; er liegt noch innerhalb der alten Propsteimauern.
Barocke bzw. auch noch ältere Mauerzüge sind überhaupt kennzeichnend für die Gesamtanlage Barockviertel, wobei große Mauerstücke bereits im frühen 19.Jh. abgebrochen wurden. Erhaltungswürdig ist jedenfalls auch die über die ausgewiesene Gesamtanlage hinausgehende Begrenzungsmauer der Schloßgartenanlage, die - entlang Paulustor und Leipziger Straße verlaufend - vor der Winfriedschule rechtwinklig in Richtung Schloß zurückführt.
Die Gesamtanlage Barockviertel ist als frühgeschichtliche Siedlungsstätte, als Entstehungsort des Klosters und somit der Stadt Fulda sowie als Herrschaftsbezirk des Fürstabts bzw. Fürstbischofs von überragender geschichtlicher Bedeutung. Wegen der außerordentlich hohen künstlerischen Qualität der Einzelbauten ist dieser städtebauliche Kulminationspunkt auch von besonderem kunstgeschichtlichen und ästhetischen Wert.