Gesamtanlage Am Geistpförtchen, errichtet 1953-1954 nach dem Entwurf von Ferdinand Wagner (Am Geistpförtchen 2, 4 und 6, Mainkai 15-21, Saalgasse 3, 5, 7 und 9 sowie Zum Pfarrturm 3 und 5).
Das Areal südlich der Saalgasse gehörte nach dem Zweiten Weltkrieg zu den mit am stärksten zerstörten Bereichen der ursprünglich kleinteilig bebauten Altstadt. Durch Umlegungen und Enteignungen, die das Hessische Aufbaugesetz ermöglichte, konnte die Stadt ein zusammenhängendes Bauareal schaffen, das durch die Frankfurter Siedlungsgesellschaft als Bauherr in Planung genommen wurde. Im Auftrag der Nassauischen Heimstätte, die mit der Bauausführung beauftragt worden war, entwarf der Architekt Ferdinand Wagner 1953 für das Geviert Am Geistpförtchen 2, 4 und 6, Mainkai 15-21, Saalgasse 5, 7 und 9 sowie Zum Pfarrturm 3 und 5 ein aus fünf Häuserzeilen locker zu einem Baublock gruppiertes Ensemble, das einen großen, begrünten Innenhof umschließt, der über Tordurchgänge erreicht wird. An der Ecke Saalgasse / Zum Pfarrturm wurden zwei längsrechteckige Zeilen gegeneinander versetzt errichtet. Dadurch bleibt ein Platz ausgespart, auf dessen Fläche Wagner eine Brüstungsmauer für die Terrasse der Gaststätte „Zum Storch“ anlegte. Zum Mainkai schließt ein durchgehender Riegel fünfgeschossiger Wohnhäuser die Anlage nach Süden hin ab.
Am Geistpförtchen 2, 4 und 6
Die viergeschossige Häuserzeile mit Satteldach schließt die Gesamtanlage nach Westen hin ab . An der nördlichen Westseite wurde – von der Saalgasse aus gut sichtbar – ein Standerker aus Stahlbeton, aufgeständert durch zwei Stahlrohre, errichtet. Durch das Stahlbetonraster wird ein quadratisches Fenster in der Mitte von je einem hochrechteckigen Seitenfenster begleitet. Die darunter befindlichen Brüstungsfelder erhielten Malereien von Hans Wagner und zeigen stilisierte historische Häuserzeilen sowie mittig die Darstellung eines Laute spielenden Engels. Die Darstellungen spielen auf die Altstadt, ihre Kriegszerstörung und den anschließenden Wiederaufbau an. Damit werden Erinnerungsbilder an die untergegangene ehemalige Reichsstadt Frankfurt evoziert. Die künstlerische Gestaltung erinnert an Glasmalerei, die durch die erdige Tonalität der Farben jedoch konterkariert wird.
Zum Pfarrturm 3 und 5
Sogenannter Block 3, der als längsrechteckiges, dreigeschossiges Wohnhaus mit Satteldach ausgeführt wurde und an seiner nördlichen Stirnseite einen Laden im Erdgeschoss erhielt. Das Gebäude wurde aus TVG-Steinen der Frankfurter Trümmerverwertungsgesellschaft (TVG) errichtet und ist mit Decken aus Stahlbetonplatten versehen. Das Haus wurde in sechs Achsen aufgeteilt, die von Süden nach Norden mit Dreiergruppen hochrechteckiger Fenster versehen wurden. Eine Achse bildet den Eingangsbereich der Ostseite samt erkerartig vorspringendem Treppenhaus (das Gleiche spiegelverkehrt auch auf der Westseite), die nördlichste Achse ist als Ladenbereich mit Wohnungen im Obergeschoss ausgebildet. Fenster und Türen wurden im Laufe der Jahre ausgetauscht, das Haus wärmegedämmt und mit Pastelltönen im Stil der 1950er Jahre gestrichen. Lediglich der südliche Durchgang und Brückenbau zum anschließenden Mainkai 15 besitzt noch die typische Rasteroptik samt seiner gestalteten Brüstungsfelder im ersten Obergeschoss. Die Ikonographie (Steinmetzzeichen wie Kelle, Hammer und Hacke) verweist auf das Bauhandwerk. Auf der geschlossenen Rückwand des Verbindungsbaus ist ein großflächiges Sgraffito des Weltenrads angebracht, ausgeführt und entworfen von Hans Wagner. Dieses zeigt im Zentrum das Ideal der Familie, umkreist von den Darstellungen eines Schafhirten (re.), eines den Main symbolisierenden Flussgottes (u.), eines Lehrers mit seinem Schüler (li.) sowie eines Genius‘ auf dem Weg zu den Sternen (o.). Die Darstellungen spiegeln den Zukunftsoptimismus und Aufbauwillen der frühen 1950er Jahre wider.
Saalgasse 3 und 5
Die Häuser in der Saalgasse wurden als längsrechteckige, viergeschossige Wohnzeile in Stahlbetonskelettbauweise mit Satteldach errichtet, ungefähr an der Stelle, an der sich vor dem Krieg das Haus zum Storch befand (erste urkundliche Erwähnung 1317, seit 1704 Weinausschank). Die nördliche Achse des Wohnhauses überbaut den Bürgersteig durch einen zeittypischen Arkadengang. Durch die parallel versetzte Anordnung entstand zwischen den Häuserzeilen ein Platz, der von der Gaststätte, die sich über das gesamte Erdgeschoss erstreckt, als Außenterrasse genutzt wird. Deren farbige Glasfenster, die im bauzeitlichen Zustand erhalten sind, sitzen zwischen den Stahlbetonstützen und sind im unteren Drittel mit einem Brüstungsfeld versehen. Ein auf Betonstützen gestellter Verbindungsgang mit Satteldach verbindet die Häuserzeilen. Der Gaststätteneingang liegt auf der Ostseite, direkt im Anschluss an den überbauten Bürgersteig. Der Eingang zu den Wohngeschossen liegt auf der gegenüberliegenden Seite unterhalb des anschließenden Tor- und Verbindungsbaus. Die locker gerasterte Anordnung der hochrechteckigen Fenster im Obergeschoss wird durch einen dreigeschossigen Erker oberhalb des Gaststätteneingangs akzentuiert. Dort finden sich in den Brüstungsfeldern unterhalb der Dreifenstergruppen Bildfelder aus Kratzputz. Sie wurden ebenfalls von dem Maler und Bildhauer Hans Wagner geschaffen. Neben Störchen, die den Ortsbezug herstellen, findet sich u.a. an der Westwand und oberhalb des Bürgersteigs die Darstellung eines Mannes in einer Bekleidung des 17. Jahrhunderts (Halskrause und Schnallenschuhe), der in der Rechten ein Modell des untergegangenen Hauses zum Storch trägt und sich mit der Linken auf eine Art Schild mit dem Hauszeichen des Storchs stützt. An der Ecke eine Storchskulptur mit darunter befindlicher Hinweistafel angebracht („Zum Storch 1704–1954“).
Saalgasse 5, 7 und 9
Diese Zeile wurde als dreigeschossiges Mehrfamilienwohnhaus mit Satteldach in Ost-West-Richtung errichtet und schließt zu beiden Seiten über Verbindungsbauten mit Tordurchlässen an die Nachbarzeilen an. Das sechsachsige Gebäude ruht zur Saalgasse hin auf Rundstützen aus Stahlbeton, die die vorkragenden Obergeschosse tragen. In jeder Achse finden sich drei hochrechteckige Fenster. Eine Achse nimmt den Hauseingang und das Treppenhaus auf. Auf der Südseite öffnet sich die Fassade mittels großer Fensteröffnungen.
Mainkai 15-21
Die fünfgeschossige, 1954 fertiggestellte, Häuserzeile entlang des Mainkais besteht aus insgesamt sieben Einzelhäusern, die durch einen die Gasse am Geistpförtchen überspannenden Brückenbau und einen leicht vorgezogenen Kopfbau an der Straßenecke Zum Pfarrturm akzentuiert werden. Dieser ist an der Westseite aufgeständert, sodass ein Arkadengang über dem Bürgersteig ausgebildet wird. Die Kellerwände sind in Stahlbeton konstruiert, während die Wände der übrigen Geschosse mit TVG-Steinen aufgemauert wurden. Den Abschluss bildet ein über den gesamten Riegel laufendes Satteldach. Die Häuser sind rückwärtig mit großzügig durchfensterten Treppenhäusern erschlossen. Zur Mainseite weisen die Wohnungen Balkone bzw. innen liegende Loggien auf. Die Fenster wechseln zwischen quadratischen und liegenden Formaten. Der östliche Kopfbau erhielt im Erdgeschoss einen Laden und in den Obergeschossen große Stockwerkswohnungen. Die östliche Durchfahrt zum Geistpförtchen wurde aufgeständert und ruht auf sechs Rundstützen. Zum Main hin sind den Erdgeschosswohnungen privat genutzte kleine Terrassen aus Sandsteinmauerwerk vorgelagert.
Erhaltungszustand
2004 wurden die Fassaden wärmegedämmt, die Fenster ausgetauscht und ein Großteil der Wohnungen erhielt in den Obergeschossen zum Hof hin neue Balkone. Die Erker und Tordurchfahrten mit ihrer charakteristischen Kunst am Bau blieben von dieser Maßnahme ausgespart. Als städtebauliche Figur sind die locker um einen begrünten Innenhof angeordneten Wohnzeilen unverändert erhalten
Denkmalwert
Die Gesamtanlage am Geistpförtchen ist charakterisiert durch eine schlichte Wohnbebauung, die – zeittypisch – in aufgelockerter Anordnung und im Innenhof mit einer gestalteten Grünanlage versehen wurde. Die für die untergegangene Altstadt einstmals typische Dichte und intensive gewerbliche Nutzung der Hinterhöfe wich einer gut belichteten und belüfteten Nachkriegsbebauung, die durch den Maler und Bildhauer Hans Wagner ungewöhnlich aufwendig mit zeitgenössischer Kunst am Bau versehen wurde. Zusammen mit der Gesamtanlage Fahrgasse-Weckmarkt sind die fünf Häuserzeilen das städtebaulich prägnanteste und qualitätsvollste Wiederaufbauprojekt in der ehemaligen Altastdt.
Die Gesamtanlage steht aus geschichtlichen und künstlerischen Gründen unter Denkmalschutz.