Bahnhofstraße
13, 15, 19, 29, 39
16, 18, 20, 22, 24, 26, 30, 34, 34A, 40, 42, 44, 46, 48, 50A
Christian-Dieffenbach-Straße
23
Heidgraben
7,
2, 4, 6, 8, 10, 12, 16
Heimstättenstraße
9
2, 4, 6, 8, 10
Otto-Zinßer-Straße
9, 11, 13, 15, 17, 19, 23, 30
12, 14
Poststraße
3, 7, 8, 9, 11, 13
6, 8
Schillerstraße
1
2, 4, 6
Schulstraße
1, 1A
2, 4
Seelbüde
9, 11
24, 26, 28
Die in der Hauptsache eine späte Phase der Gründerzeit dokumentierende Stadterweiterung schließt sich unmittelbar nördlich an die Schlitzer Altstadt an. Die Bebauung folgt räumlich wesentlich der nach Hutzdorf und weiter in das Fuldatal (Hersfeld) führenden Straße, die um 1840 ausgebaut wurde. Von dieser Straße aus wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch das Seitental Heidgraben erschlossen. Es war bis dahin bevorzugt gärtnerisch genutzt (und hier ist zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein Leprosenhaus bezeugt). Zeitlich und räumlich bestimmend war für die Gesamtanlage schließlich die 1898 fertiggestellte, aus dem oberen Schlitztal die Stadt erreichende Bahnstrecke. Der ehemalige Bahnhof bildet den nordöstlichen Abschluss des Stadtbereichs.
Obwohl die Stadterweiterung keine besonders große Fläche in Anspruch nimmt, bietet sie den Raum für eine Anzahl der bedeutendsten Elemente der Stadtentwicklung des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Sie sind administrativer, wirtschaftlicher, verkehrstechnischer und gesellschaftlicher Art; die so zusammengesetzte, für eine Kleinstadt typische, hier konzentrierte und relativ gut bewahrte Struktur begründet die Ausweisung einer Gesamtanlage. Vorherrschender Stil der älteren repräsentativen Bauten der Bahnhofstraße ist die Neorenaissance, in der Fernsicht auch mit den Giebeln der Vorderburg kommunizierend.
Als öffentliche Einrichtungen wurden kurz vor und um 1900 unmittelbar am Nordostrand der Altstadt die Bauten für Schule, Amtsgericht und Gefängnis sowie Post (Bahnhofstraße 22) errichtet.
Webereien haben sich zwar an allen Schlitzer Stadträndern angesiedelt, den bedeutenden Aufschwung der Textilindustrie bekunden aber besonders die beiden zwischen der Stadt und dem Bahnhof - unweit der lange genutzten Textilbleichen - 1897/99 errichteten großen Webereien Langheinrich, Bahnhofstraße 26 und „Schlitzer Textilwerke", Bahnhofstraße 40. Zu ihnen gesellte sich 1907 noch die kleinere Weberei Baumgärtner, Bahnhofstraße 30/Otto-Zinßer-Straße 23). Anspruchsvollen Wohn- und Verwaltungsbauten (insbesondere Bahnhofstraße 20 und 40) sind die Websäle benachbart; als schlichtere Backsteinbauten sind sie dennoch mit Schaufassaden zur Bahnhofstraße ausgebildet.
Den Villen der Webereibesitzer steht der repräsentative Wohn- und Verwaltungsbau einer ersten bereits industriell wirtschaftenden Metzgerei in nichts nach (Bahnhofstraße 19, 1900). Auf dem Grundstück zwischen den Webereien war schon wenig früher auch eine Seifenfabrik entstanden, deren äußeres Erscheinungsbild gegen Ende der 1920er Jahre bemerkenswert modern erneuert wurde (Bahnhofstraße 34).
Deutlich konservativer zeigt sich der westlich der Webereien bald nach dem Zweiten Weltkrieg begonnene Komplex der Eichhoffwerke (Heidgraben 4), der ganz dem späten Heimatschutzstil verpflichtet ist, ähnlich übrigens wie der Neubau der Post aus 1952 (Bahnhofstraße 13). Auf dem Gelände der Eichhoffwerke finden sich weiterhin ältere kleine Werkstatt- und Fabrikgebäude aus Fachwerk und lisenengegliedertem Backsteinmauerwerk.
Auch die noch vor der Textilindustrie bedeutende ökonomische Grundlage des Schlitzerlandes vermittelt sich in der Gesamtanlage durch die Höfe zweier Viehhändler (Otto-Zinßer-Straße 19 und Poststraße 11) mit anspruchsvollen Wohngebäuden. Zwischen ihnen stehen an der Otto-Zinßer-Straße Wohnhäuser, die durch eine Reduktion historisierender Elemente als sachlichere (und sparsamere) Heimatarchitektur in Erscheinung treten. An der Poststraße stehen auch ältere Mietshäuser. Die Bezeichnung Heimstättenstraße deutet auf sozialen oder kommunalen Wohnungsbau hin, der hier wie an der unteren Schillerstraße (Nrn. 4 und 6), am Heidgraben (Nrn. 8 und 10 als Wohnhäuser für Bahnarbeiter) und an der unteren Seelbüde, oft durch die Heimstättenbaugesellschaft, zwischen einzelnen Privatbauten insbesondere in den 1920er Jahren zur Anwendung kam.
Der Anstieg von der Otto-Zinßer-Straße zur Seelbüde wird durch Sandsteinfuttermauern und Treppen städtebaulich anspruchsvoll bewältigt.
Den Aspekt der Verkehrs- und Kommunikationsgeschichte beleuchten in der Gesamtanlage außer den Postgebäuden und dem Bahnhof die der Weberei Langheinrich gegenüber platzierte städtische Brückenwaage (Bahnhofstraße 29) und das frühe Beispiel einer modernen Tankstelle (Schillerstraße 2). Schließlich tritt gegenüber dem Stationsgebäude der aus vier Wohn- und Geschäftshäusern bestehende Ansatz eines repräsentativen Bahnhofsviertels in Erscheinung.