Gesamtanlage Bereich Damaschkestraße
Die schon seit Ende des 19. Jahrhunderts insbesondere in Großstädten vorherrschende Wohnungsnot wurde in der Weimarer Republik zu einem der bedeutendsten politischen und sozialen Diskussionsfelder.
Bereits 1918 wurde ein erstes reichsweit geltendes Wohnungsgesetz verabschiedet, dem bald weitere folgten. Mit der Währungsreform im Jahre 1924 erfolgte auch die Neugründung zahlreicher Wohnungsbaugesellschaften, die in den folgenden Jahren zu den Hauptträgern des Wohnungsneubaus zählten. In Oberursel hatte die 1922 gegründete Nassauische Heimstätte gemeinsam mit der Süwag 1926 entlang der Frankfurter Landstraße und der Damaschkestraße am südöstlichen Ortsrand 98 Wohnungen, teils Heimstätten, teils Mehrfamilienhäuser mit 2- bis 3-Zimmer-Wohnung, errichten lassen. Ziel des ohne städtische Unterstützung durchgeführten Bauvorhabens war die Umsiedlung von Arbeiterfamilien aus der Großstadt Frankfurt in die Peripherie. Die Wohnungen wurden zu einem relativ hohen Mietpreis von 50 bis 95 Mark zum größten Teil an Frankfurter Wohnungssuchende vermietet.
Noch heute ist die ursprüngliche Bebauung in großen Teilen erhalten. Die Häuser (Sattelbedachung, meist mit einem zentralen von zwei einfenstrigen Gaupen flankierten, dreifenstrigen Zwerchhaus. Bauzeitliche Sprossenfenster und Holzklappläden noch partiell erhalten) im Erscheinungsbild klassische Beispiel einer Architektur der 1920er Jahre, die reformerische Grundzüge in der Gestaltung mit traditioneller Bauform verbindet.
Erhalten geblieben sind ebenso die zughörigen Freiflächen, als allgemeines Grün (Vorgärten, Trockenwiesen, etc.) - begrenzt von Hecken und bauzeitlichen Einfriedungen - und noch vereinzelt als individuelle Gärten zur Eigenversorgung. Ein mit Altbäumen bestandener Platz vor der Damaschkestr. 2 ist als städtebaulich prägende Binnenstruktur weiterhin erkennbar.
Die Gesamtanlage Altstadt umfasst die Burganlage und vier Siedlungsräume: eine im Süden unterhalb der Burg gelegene, ummauerte „Ursiedlung“ und die kranzförmig um diese gewachsene Altstadt mit ihrer nach Verleihung der Stadtrechte 1330 angelegten Stadtmauer, Teil derer auch die Burgumfassungsmauer ist; des Weiteren die im Halbkreis vor die Altstadt gelegte und ab 1390 ummauerte Neustadt sowie das im Westen liegende „Thal“ mit seiner 1450 begonnenen Mauer. Aufgrund dieser Entwicklung besaß die Stadt Kronberg schließlich eine aus zeitunterschiedlichen Mauerläufen zusammengesetzte Umfassungsmauer, an der die Talmauer den größten, die Neustadtmauer erheblichen, die Altstadtmauer jedoch nur geringen Anteil hatte. 1814/15 verfügte die Herrschaft Nassau den Abbruch der Befestigung. Dennoch sind zahlreiche Reste auch ihrer Türme und Tore erhalten geblieben, so dass eine weitgehend lückenlose Rekonstruktion möglich ist. Stadtansichten des 17. und frühen 19. Jahrhunderts ergänzen das gewonnene Bild.
Hauptverkehrsader des alten Kronberg war das Teilstück einer von Eschborn zum Taunus aufsteigenden Straße, das innerörtlich Hauptstraße (Friedrich-Ebert-Straße) und Eichenstraße benannt ist. Noch abseits dieses Fernweges lag die erstbekannte, ummauerte Siedlung unterhalb der Burg, zu deren Wegenetz Untere und Obere Höllgasse sowie am Rande auch die Burgzufahrt zählen. Bauliche Fixpunkte innerhalb dieses, wie man weiß, einst dicht bebauten Hanggrundes, sind heute noch gegeben mit dem Nachfolgeanwesen des Rodehofes (Schloßstraße 7, vermutlich Urhof, 1350 durch Frank vom Ohrenstamm neu erbaut, dazu gehörend das zwischen den Anwesen Schloßstraße 13 und 15 stehende Renaissancetor in Buntsandstein) wie auch dem Hellhof (Königsteiner Straße 2, gegründet wahrscheinlich im 13. Jahrhundert, Hof des Flügelstammes).
In die nachfolgende, ab 1330 von der Stadtmauer umgebene Siedlungserweiterung aufgenommen wurde ein die mittlerweile bebaute Eichenstraße mitnutzendes Leitersystem, bestehend aus dem Parallelweg Mauerstraße und namenlosen wie auch benannten Sprossen (Kleine Mauerstraße, Vogelgesanggasse). Damaliger Endpunkt der Eichenstraße war das im Straßenraum noch präsente Eichentor. Offenbar waren an diesem Hauptweg viele Mitglieder der im 14. Jahrhundert gegründeten und im 18. Jahrhundert wiedererstarkten jüdischen Gemeinde ansässig. Ihre Synagoge stand in der Mauerstraße 3a (1912 erfasst auf dem im Rathaus befindlichen Gemälde von Fritz Wucherer). Auch war an der Ostseite der Hauptstraße ein neues Quartier entstanden, das mit Doppesstraße 3/5 (Anwesen des Kronenstammes, siehe Allianzwappen von Hartmut XIII. und Margarete Brendel von Homburg) und dem benachbarten Eckhaus „Drei Ritter“ (1595 vermutlich als Rathaus errichtet) geschichtsträchtige Gebäude aufweist. Ebenso der kirchliche Mittelpunkt der Stadt mit der 1355 erstmals erwähnten „unteren capelle“ (Johanniskirche) samt Friedhof, der 1783 dann teilweise mit dem Lutherischen Schulhaus (Nr. 2) überbaut wurde.
Um 1390 wurde das Gebiet der Neustadt ummauert und das Frankfurter Tor nach Süden verlegt. Im Ostteil, der damals noch weiträumiger als heute von der zwischen Stadtmauer und Hauptstraße gelegenen Westerburg (Friedrich-Ebert-Straße 6, ehem. Receptur) belegt war, enstanden an der sich um eine „Insel“ aufspaltenden Tanzhausstraße Reihen neuer Wohnhäuser. Imposanter Blickfang am Ende der oberen Tanzhausstraße ist die Zehntscheune. Scharnier zwischen den neustädtischen Ost- und Westseiten findet sich ein stattlicher Platz (Schirn), auf dem der seit 1367 bewilligte Wochenmarkt stattfand, und ein Marktbrunnen. Möglicherweise wurde die Westseite erst vollständig erschlossen und bebaut, nachdem ein Hof von Frank dem Reichen (Ohrenstamm) laut Vertrag von 1463 parzelliert und die Grundstücke an Meistbietende verkauft worden waren. Jedenfalls wurde hier ein stauferzeitliche Stadtanlagen zum Vorbild nehmender Stadtraum entworfen, der vom Marktplatz ausstrahlende und in eine auf längerer Strecke über der Stadtmauer verlaufende Ringstraße übergehende Gassen aufweist. Vollendet wurde dieses Werk durch die Umwidmung eines beim Schirnbrunnen stehenden Hauses zum Rathaus / Tanzhaus im Jahr 1463. Unter der 1704 angetretenen Kurmainzer Landesherrschaft sollte sich dann nicht nur das Bild der Westerburg, sondern auch das der Schirn durch den Bau der mit der Stadtkirche in Konkurrenz tretenden „Streitkirche“ (1737-39, Friedrich-Ebert-Straße 16) ändern. Für diese wurden drei Häuser abgebrochen, das Tanzhaus (traufständig vor Tanzhausstraße 3) versetzt und der Brunnen auf den Marktplatz verlegt. Eine letzte Neugestaltung des seit 1550 an die Burgwasserleitung angeschlossenen Hauptbrunnens erfolgte 1973 durch die Schützengesellschaft aus Anlass ihrer 575-Jahr-Feier (das Becken aus Mineros angefertigt von Julius Hembus, die Bronzeplastik von Fritz Best).
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts – Kronberg hatte sich gerade von den Schäden des Großbrandes von 1437 erholt und eine neue Stadtkirche erhalten – wurde das „Thal“ mit einer Mauer umgeben, die am Ende der Talstraße mit einer dem damals ebenfalls neu gestalteten Frankfurter Tor vergleichbaren Toranlage versehen wurde. In diesem genau so leiterförmigen Stadtgebilde ging nach 1463 ein weiterer, aus dem Besitz Frank des Reichen stammender Hof auf, möglicherweise auch einstiger Besitz der Gela von Kronberg. Am bedeutendsten unter den Bauten im Tal ist das von herrschaftlicher Seite 1609 errichtete Hospital (Talstraße 5).
Kronberg besitzt aufgrund der topographischen Verhältnisse und dank einer diese Gegebenheiten ausreizenden Bebauung ein vielgesichtiges Stadtbild. Ebenso beeindruckend ist sein reiches architektonisches Erbe, das Jahrhunderte bürgerlicher Bautätigkeit konserviert. Gewichtig präsent sind die nach dem im 18. Jahrhundert erfolgten Bau der Receptur modisch gewordenen Putzbauten mit axial durchfensterten Fassaden und vorstehenden Mansarddächern. Eine Anzahl solcher Bauten entstand in den Wiederaufbauphasen nach den Großbränden von 1726, 1780, 1792 als Neubauten, darunter die das Umfeld von Hauptstraße und Schirn prägenden Gasthäuser „Adler“, „Zum Grünen Wald“, „Zum neuen Bau“, damals bereits beliebte Ziele Frankfurter Tagestouristen. Vertreten ist dieser barocke Bautyp jedoch auch mit den zahlreich vornehm aufgehübschten, älteren Fachwerkhäusern, so dem städtebaulich interessanten Gebäude Steinstraße 1 und dem durch seine Platzierung an extremer Stelle eine weite Sicht genießenden Haus Eichenstraße 15. Groß an Zahl sind auch die nach dem Dreißigährigen Krieg im 17. und frühen 18. Jahrhundert errichteten Fachwerkwohnhäuser, die, wie etwa an Doppesstraße und Tanzhausstraße, mit Baudatum und Hausinschriften versehen, von ihrer Geschichte künden. Weniger bekannt, weil möglicherweise noch unter Verputz versteckt, ist Fachwerk aus der Zeit vor dem Großen Krieg bzw. spätmittelalterliche, noch Verblattungen aufweisende Konstruktionen (siehe dazu Pferdstraße 5 und Nr. 17, beide um 1600, und für das 15. Jahrhundert Eichenstraße 3, Schloßstraße 9, Steinstraße 21).
Die Gesamtanlage Bereich Burgerstraße umfasst Abschnitte dreier im südwestlichen Vorfeld des alten Kronberg zwischen 1905 und 1911 angelegter Straßenzüge. Sie stellen systematische Erweiterungen eines von der Frankfurter Straße ausgehenden, zuvor schon angegangen Netzes, bestehend aus Katharinenstraße (um 1850 bis katholischen Kirche), Heinrich-Winter-Straße (zuvor Wilhelmstraße, wohl 3. Drittel 19. Jahrhundert) und Hartmuthstraße (der erste Abschnitt 1896, der zweite 1910), dar.
Die Bebauung an der straßenbegleitende Baumbepflanzung aufweisenden Burgerstraße, wie auch an Rumpf- und Schreyerstraße, besteht aus zumeist solitären bürgerlichen Villen, die, einem Fluchtlinienplan folgend, hinter Vorgärten in einiger Distanz zur Straße stehen. In den Kreuzungsbereichen dieser Verkehrswege markieren sie außerdem städtebaulich wichtige Positionen. Architektonisch spiegeln sich an ihnen in anspruchsvoller Weise die Haupttendenzen dieser Zeit. Gefragt waren damals nach Jahrzehnten des Gebrauchs üppig historisierender Formen die zurückhaltenden, von einem dezenten Jugendstil überlagerten Gesten geschichtsträchtiger Stile, insbesondere des Barock. Einen eigenen Akzent setzt die im Landhausstil erbaute Villa Burgerstraße 8, die ihre zurückversetzte Lage auf einem weiträumig bis zur Ludwig-Christ-Straße (früher Neuer Bergweg) reichenden Grundstück vermutlich einem Vorgängerbau verdankt.
Die Straßen diese Villenviertels (wie auch einige seiner späteren Weiterentwicklung) tragen Namen berühmter Mitglieder der Kronberger Malerkolonie. Anton Burger (1824-1905, siehe Frankfurter Straße 21), Mitbegründer dieser Gruppierung, war 1895 mit der Ehrenbürgerschaft geehrt worden. Ebenso Adolf Schreyer, „Araberpferde-Maler“ (1828-99). Mit der Rumpfstraße wird an den Porträtmaler Philipp Rumpf (1821-96, Schüler des Bildhauers Zwerger), möglicherweise aber auch an dessen Sohn Emil Rumpf (1860-1949, Schüler Schreyers) erinnert. Das der älteren Künstlergeneration gewidmete Viertel, insbesondere die Burgerstraße, wurde durch den Zuzug von Malern jedoch auch lebendiger Teil der damals aktuellen Kunstszene. So mit dem Wohn- und Atelierhaus Nr. 22, das sich der Burger-Schüler Fritz Wucherer (1873-1948, verheiratet mit einer Tochter Zwerger) von dem Architekten Dielmann, Neffe des Mitbegründers der Kolonie Jacob Fürchtegott Dielmann (1809-85), erbauen ließ. Und des Weiteren mit dem von Hermann Graul, einem den Kronberger Kunstschaffenden nahe stehenden Maler, errichteten Künstlerhaus Nr. 8, zu dem Kurt Friedenberg – der Familienname war durch den Maler Wilhelm Friedenberg (1845-1911) bereits zum Begriff geworden – die Pläne lieferte.
Die naturnah im Norden Kronbergs am Südhang des Altkönigs gelegene Siedlung folgt in ihrer Topografie dem Geländeverlauf. Drei Haustypologien sind zu unterscheiden: Am höchsten Punkt steht ein bis zu fünfgeschossiger Mehrfamilienhauskomplex. Das Zentrum bilden eingeschossige L-förmig ausgerichtete Terrassen-Bungalowbauten. Im Süden begrenzen ein- bis zweigeschossige Reihenhäuser und Sammelgaragen das Areal. Die Erschließung erfolgt über horizontale Straßen, die zwar befahrbar, aber eigentlich autofrei sind, und vertikale Treppen und Verbindungswege.
Geplant und entstanden ist die Siedlung Roter Hang von 1967 bis 1974 mit der Intention, eine Siedlung für Mitarbeiter und Gäste des Elektrogeräte-Herstellers Braun, der sich bereits 1958 das Vorkaufsrecht für das Grundstück sicherte, zu errichten. Zuvor war die Firmenzentrale etappenweise nach Kronberg verlagert worden. Braun-Designer Dieter Rams war anfangs an den Planungen beteiligt und fertigte einige Entwürfe an, die aber nicht umgesetzt wurden. Mit der Firma Braun zog sich auch Rams ab 1962 sukzessive aus dem Projekt zurück. Fortan leitete der insbesondere in Darmstädter Architekturkreisen gut vernetzte Architekt Rudolf Kramer aus Königstein die Planungen und entwickelte ein Konzept, das mit den klassischen Anordnungsmustern moderner Siedlungen spielt und die drei Bautypen Geschosswohnungen, Bungalows und Reihenhäuser kombiniert. Charakteristisch für die Siedlung Roter Hang wurden die L-förmigen Winkelbungalows, die durch Anordnung in einer Teppichbebauung die größtmögliche Wohndichte bei geringem Grundstücksverbrauch ermöglichten.
Tatsächlich siedelten nur vier Braun-Mitarbeiter am Roten Hang an. Darunter auch Braun Designer Dieter Rams, der zwei der Winkelbungalows zum Wohn- und Atelierhaus verband und einen Pool im Außenbereich integrierte. Der L-Typus der Bungalows ermöglicht für jede Wohneinheit einen zugehörigen Garten. Die flach gedeckten Typenbungalows entstanden in Massivbauweise aus Stahlbeton und Ytongsteinen. Die Reihenhäuser im Süden sind in vergleichbarer Konstruktionsweise ausgeführt. Der bis zu fünfgeschossige Mehrfamilienhauskomplex im Norden ist als Stahlbetonbau ebenfalls nach Plänen von Kramer von der IBM-Unterstützungskasse Böblingen mit Kramer und dem Projektentwickler Grün & Bilfinger errichtetet worden. Die Fassaden dieses gestaffelten Gebäudekomplexes sind mit Klinkerplatten verkleidet; betonsichtig die tragenden Elemente. Die Flachdächer der Siedlung sind mit einer Kiesschütt/-press-Deckung versiegelt. Die Verbindungswege innerhalb der Siedlung, die Straßen und Garagenhöfe sind mit einer Betonsteinpflasterung in Kleeblattform gestaltet. Eine Besonderheit ist das Wohn- und Atelierhaus Rams: ein Zusammenschluss zweier Bungalows zu einem langestreckten L, ergänzt durch einen Pool im Gartenbereich.
Dem Architekten Kramer gelang in Kronberg eine geradezu idealtypische Umsetzung der Teppichbebauung: eine zeitgemäße und ökonomische Gestaltung mit kompakter und wirtschaftlicher Anordnung der Baukörper, Naturbezug in und um die Siedlung und eine gelungenen Ausnutzung der topografischen Lage am Hang durch die Terrassenbauweise. Mit der kompakten und wirtschaftlichen Anordnung der Baukörper und der daraus resultierenden hohen Aufenthaltsqualität ist die Siedlung ein positives Beispiel für eine einheitlich geplante und weitgehend unverändert erhaltene Siedlung der Nachkriegszeit in Deutschland. Ebenso sind die bauzeitlichen Details von großem Wert für das Erscheinungsbild und die Geschlossenheit der Siedlung.
Die Siedlung ist aus bau- und siedlungsgeschichtlichen sowie künstlerischen Gründen nach § 2 Abs. 3 Hess. Denkmalschutzgesetz als Gesamtanlage im Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.
Die Gesamtanlage Altstadt umfasst ein Teilgebiet des mittelalterlichen Stadtkörpers, der im Wesentlichen aus der im 14. Jahrhundert mit einer Befestigung versehenen Kernsiedlung und zweier im 15./16. Jahrhundert in die damals weiträumiger greifende Ummauerung einbezogener Adelshöfe bestanden hatte. Obgleich das Bild dieses Stadtraumes in den großen Bränden des 17. Jahrhunderts weitgehend unterging, haben sich deutliche Strukturen erhalten, anhand derer sich die mittelalterliche städtische Vergangenheit nachzeichnen lässt. Mit in der Gesamtanlage Altstadt berücksichtigt ist auch der Hang unterhalb der Kirche, an dem auf einer Rampe eine mittelalterliche Ausfallstraße verläuft, sowie ehemals extramurales Gelände im Süden, das durch seine Nutzung eng mit dem mittelalterlichen Wirtschaftsleben Usingens und der herrschaftlichen Haushaltung verbunden war.
Entwicklungsplattform des altstädtischen Kerns war offenkundig ein breitflächiger Geländesporn, der im Süden und Westen in steil abfallenden Felsen zu Tage tritt, ansonsten jedoch im Siedlungsuntergrund verläuft. Während seine südliche Grenze mit einiger Sicherheit auf der Linie Untergasse 6 – Kirchhofmauer verfolgt werden kann, ist diese im Norden durch den Stadtumbau nach 1692 wie auch im Osten, jenseits der Untergasse und im Bereich der späteren herrschaftlichen Kellerei, gründlich verwischt worden. Einen Anhaltspunkt bietet dort lediglich eine altstädtische „Exklave“ (Grundstück Untergasse 3), die, soweit zurückverfolgbar, stets privat bebaut war und mit einem dicht neben dem Marstall gestandenen Wohnhaus wertvollen Baubestand aufgewiesen hatte (laut Abbruchbericht von 1937 waren die geschnitzten Eckpfosten u. a. mit Lebensbäumen verziert). Als eine natürliche Grenze der frühen Siedlung wird außerdem der Lauf des Porbaches (Schlagweg – Rückseite Wilhelmjstraße 8 – Mündung Hahnenbach/Stockheimer Bach) gesehen.
Fokus in der Entwicklung der Altstadt war, wie im Verlauf von Kirch-, Pfarr- und Kirchhofgasse ablesbar, die vom Kirchhof umgebene Laurentiuskirche, welche durch ihre Position zugleich wehrhafte Zuflucht bot. Weiterhin erschlossen gewesen war dieser Kernbereich durch zwei namenlose Gässchen, die jeweils von der Untergasse ausgehend über die Grundstücke Nr. 1 bzw. Nr. 6 in Richtung Kirchhofgasse liefen. Einer ersten und im Zusammenhang mit der Befestigung des 14. Jahrhunderts vorgenommenen Altstadterweiterung zugeordnet werden müssen die Vordere und die Hintere Erbisgasse, deren Ausrichtungen mit dem geknickt angelegten Mauerzug korrespondieren. Die südlichen Ausläufer dieser beiden Gassen (städtische Grundstücke 8470 und 8471/3) stellten Zubringer der Wehrtürme dar. In dieser Funktion sind auch die Brauhofgasse und die Weihergasse zu sehen, die der spätmittelalterlichen Expansion angehören und auf dem Gelände des als Vorschloss bezeichneten Stockheimer Hofes angelegt sind. Mit in den erweiterten Stadtraum des 15./16. Jahrhunderts aufgenommen wurde auch der im Westen gelegene Junkernhof (Wilhelmjstraße 15), dessen Eigenmauer in Verbindung zu Befestigung gesetzt wurde. Aus diesem Vorgang resultierte an dortiger Stelle denn auch die Umwandlung der Rathausgasse/Wilhelmjstraße in eine Sackgasse, an deren oberem Ende sich mit Markt, Brunnen bzw. Weede und Spielhaus bzw. Rathaus vielfältige Bereiche des öffentlichen Lebens abspielten.
Baubefunde und schriftliche Quellen liefern mannigfaltige Hinweise darauf, dass die Bebauung der Altstadt ursprünglich einen wesentlich dichteren Stand aufgewiesen hatte. So werden am Kirchhofrundweg im 16. Jahrhundert zwei Wohnhäuser samt Bäckerei, die Lateinschule und neben dieser der Sitz der Beginen genannt. Weitere Gebäude sind durch ihre noch vorhandenen Keller bzw. Hausbrunnen im Bereich Untergasse 6 und hinter Pfarrgasse 3 bezeugt. Auslichtungen waren wohl auch anlässlich der nach dem Feuer von 1635 erfolgten Verbreiterung der Kirchhofgasse sowie mit der Bereinigung der Pfarrgasse, die in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts zwecks Erleichterung des fürstlichen Kirchganges aus einem verwinkelten in einen geradlinigen Verlauf gebracht wurde, hinzunehmen gewesen. Auf der Grundlage der Küntzelschen Stadtplanung und als Gelenk zwischen Oberstadt und Kernstadt nach 1692 neu konzipiert worden war schließlich die Pfarrgasse, welche an der Westseite noch zeitgleichen Baubestand in Form von typisierten Wohnhäusern aufweist. Neueren Datums wiederum ist die durch Abbruch von Pfarrhofgasse 1 entstandene Baulücke, auf der provisorisch Parkplätze angelegt wurden. An baulichen Zeugen aus der Zeit vor den Stadtbränden sind insbesondere zu nennen die spätmittelalterlichen Bauglieder der Laurentiuskirche, der Keller des Rathauses sowie die beiden im Kern dem 16. Jahrhundert angehörenden Anwesen Wilhelmjstraße 3 und Nr. 5.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein lag im Süden von Usingen ein See („Vorm Pförtchen“, „Im Weiher“, siehe hierzu Katasterkarte), ein von einem künstlichen Damm (Frankfurter Straße) angestautes Gewässer. Er war letztes Glied in einer langen Kette von Anlagen, die seit dem Mittelalter am Lauf des Hahnenbaches bzw. Stockheimer Baches unter wehrtechnischen (Stockheimer Wasserburg) und wasserwirtschaftlichen Aspekten (Brunnen- und Hattsteinweiher) entstanden waren. Neben seiner strategischen Funktion fungierte er als herrschaftlicher Fischweiher und gleichzeitig auch als Spülgewässer („Speulen“) für die frisch gewobenen bzw. gefärbten Tuche des Wolle verarbeitenden Gewerbes, das vor der Stadtmauer auf dem Gelände des späteren fürstlichen Brauhofes (Brauhofgasse 5/8, ehemals Rahmengasse) seinen „Rahmengarten“ zum Spannen der Stoffe unterhielt. Dem Stadtweiher funktional beigeordnet war ein Flutgraben, über den bei Flut und zum Schutz des Dammes überschüssige Wassermengen abgeleitet werden konnten. Dieser zweigte offenbar an der Brücke „Neuer Marktplatz“ vom Hahnenbach ab, füllte zwei Fischzuchtbecken („Am Behälter“, „Auf dem Behälter“) und zog im Bereich Blücherstraße (als tiefer Einschnitt bei Nr. 50 noch sichtbar) zum Damm und weiter nach der dahinter liegenden Flur (im dortigen Gartenland als Rest vorhanden). An seinem Lauf standen bis ins 19. Jahrhundert hinein die mit der Lederproduktion verbundenen Lohmühlen.
Am 23. April 1692 brach zwischen 20 und 21 Uhr im Wachenheimischen Hof (Junkernhof, Wilhelmjstraße 15) ein Brand aus, der die westliche Unterstadt und die nördliche Oberstadt nahezu vollständig einäscherte. „In solchem Brand gingen auff, in die 85 wohnheuser, scheuer und ställe (deren Vielmehr gewesen), ungezehlet“. Als noch erhalten werden genannt: die Kirche, das 1687 gerade fertiggestellte Rathaus und die an der Wilhelmjstraße folgenden Häuser Nr. 3, 5, 7, das Schulhaus Zitzergasse 1 und im Kern das durch seinen Eckerker von 1668 bemerkenswerte Wohnhaus des Amtmannes Schmidtborn, Obergasse 15. Durch diesen wurde Fürst Walrad dann auch bereits im Sommer 1692 darüber in Kenntnis gesetzt, dass man sich in Usingen einen Wiederaufbau nach Vorbild der Homburger Louisenstadt vorstelle. Das Modell dazu lieferte offensichtlich der Usinger Maler Johann Emmerich Küntzel, der damit ins holländische Feldlager des Fürsten entsandt wurde und nach seiner Rückkehr als „Baumeister über hiesiges Stadtbauwesen“ mit der Neuanlage der Residenzstadt begann. Es wird vermutet, dass der Entwurf eine weitaus größere Idealstadt beinhaltete hatte, deren Zentrum die sogenannte Hugenottenkirche gewesen wäre. Als Grenzen des Vorgesehenen werden die Zitzergasse, die über die Haingärten verlängerte Wilhelmjstraße, die Fritz-Born-Straße und das Klapperfeld (mit Erweiterungsmöglichkeit nach Norden) angegeben.
Aus Küntzels Planung jedenfalls hervorgegangen ist ein regelmäßiger Stadtgrundriss, der aus bestehenden sowie nach Möglichkeit damals begradigten und aus neu angelegten Straßenzügen gewonnen wurde. Ab 1693 wurden die Parallelzüge Obergasse und untere Zitzergasse mit Wohnhäusern bebaut und als Zufahrt der landwirtschaftlich genutzen Höfe die Scheunengasse dazwischengelegt. 1697 folgte die Vermessung und Einebnung des Baugrundes für die Neustadt. Sie war seitens des Landesherrn aus bevölkerungs- und wirtschaftspolitischen Aspekten in Planung gegeben worden und bot Raum für eine zunächst politisch, kirchlich und schulisch eigenständige, städtische Gemeinde. Die Vereinigung mit der Altstadt auf politischer Ebene erfolgte bereits 1716 – die protestantische Kirchgemeinde hingegen bewahrte bis 1817 ihre Selbstständigkeit. Die Pläne zu diesem in sich geschlossenen Stadtbereich stammten noch von Küntzel, realisiert wurde sie jedoch erst ab 1700 unter der Leitung von Benedikt Burtscher. Gleichzeitig vollzog sich das nahtlose Zusammenwachsen von Ober- und Neustadt im Geviert zwischen Zitzergasse und Wirthstraße auf den Parallelzügen Dreihäuser- und Hospitalgasse und am verlängerten Klapperfeld sowie im Norden der Zitzergasse.
Die Neustadt wurde auf Ackergrund und in einiger Distanz zum damaligen Stadtraum, mit dem sie über die Kreuzgasse (Landstraße Richtung Merzhausen) verbunden ist, angelegt. Sie besteht aus einem durch den Transitweg zweigeteilten Platz, der im Süden den dreiseitig von Wohnhäusern gerahmten Markt aufnimmt. Von dessen östlicher Seite aus besteht eine Wegverbindung (Haingasse) nach dem vom Stockheimer Bach durchzogenen Wiesengrund. Auf der nördlichen Seite hinter einem Vorplatz zentral errichtet ist die ehemalige protestantische Kirche, flankiert von zwei prominent freistehenden Bauten. Die beiden seitlich daran vorbeilaufenden Straßen (Wirthstraße bzw. Apothekergasse im Osten, Schulhofstraße im Westen) münden ins bzw. kreuzen das Klapperfeld. Nach gängiger Meinung setzte das Bauwesen nach Erlass des fürstlichen „Neustädtischen Freiheitsbriefes“ vom 6. März 1700, der die Privilegien der Neusiedler festhielt (freies Bürgerrecht und Abgabenfreiheit auf zehn Jahre, kostenlose Zuweisung von Baugrund und Bauholz, das Recht auf eine eigene Kirche und Schule etc.), ein. Als Bauherren traten jedoch nicht nur die vom Fürsten speziell angesprochenen Glaubensflüchtlinge aus Frankreich und der Pfalz auf, sondern auch Usinger Bürger aus der Altstadt und Brandgeschädigte aus der Oberstadt, die hier einen Neuanfang wagten. Abgesehen von den Baudaten der Kirche (1700-03), der Bauinschrift des Wohnhauses Marktplatz 25 (1700) und des Jahres der Inbetriebnahme der Apotheke 1703 (Wirthstraße 4), fehlen bislang weitere Hinweise zum Bauablauf rund um den Platz. Festzustellen ist zumindest, dass hier ein standardisierter Typ in Form des Traufenhauses mit Walmdach und mittlerem Zwerchhaus zum Zuge kam, wobei das Doppelhaus (mit geteiltem und aus diesem Grund meist materialdifferenziert verkleidetem Zwerchhaus, wie etwa Schulhofstraße 9/11 und Wirthstraße 6/8) die Mehrzahl bildet. Dieser Typ tritt auch andernorts in Usingen auf und wird, da das Exemplar Obergasse 14/16 auf 1693 datiert ist, deshalb mit der Küntzel’schen Stadtplanung eng in Verbindung gesetzt. Aus diesem architektonischen Rahmen herausfallen die drei Bauten der Südseite (Marktplatz 5 mit Mansarddach, Nr. 7 Walmdach ohne Zwerchhaus und mit sieben Fensterachsen aus dem gängigen Maß fallend, Nr. 9 von äußerst geringer Tiefe mit Satteldach), die scheinbar den Abschluss neustädticher Bautätigkeit bildeten. Aus schriftlichen Quellen konnte außerdem erschlossen werden, dass das Pfarrhaus der reformierten Gemeinde direkt hinter dem reformierten Friedhof (entweder Haus Klapperfeld 7 oder Wirthstraße 3) erbaut worden war. Als die Schule der Neustadt – der Unterricht wurde anfänglich zweisprachig gehalten – durch ein Vermächtnis 1768 im Haus Klapperfeld 13 erstmals einen festen Standort erhielt, wurde um die gleiche Zeit die andere Hälfte dieses Doppelhauses (heute Nr. 9/11) zur Pfarrei bestimmt. Das Erscheinungsbild der Neustadt wird trotz zahlreicher Veränderungen (Ladeneinbauten, moderne Fenster) noch nachhaltig von den Intentionen der Barockzeit geprägt. Abgesehen von Marktplatz 11/13, Schulhofstraße 13 und Neutorstraße 6/8 sind keine Ersatzbauten zu verzeichnen. An einigen Stellen nachvollziehbar ist außerdem die ursprüngliche Schirmfunktion der Scheunen, so an der Hospitalgasse für die Bauten an der Wirthstraße und (in der Gestalt des 19. Jahrhunderts) im Hintergrund von Schulhofstraße 7-15.
Im Zuge des Wiederaufbaus nach 1692 wurde die Oberstadt weit über ihre alte, von der Stadtmauer gezeichnete Westgrenze hinaus vergrößert und durch ein systematisches Straßennetz der Neustadt angenähert. Von der alten Siedlungsstruktur – sie war ebenso verwinkelt wie die Unterstadt – hat sich gerade noch ein Rest im Bereich von Porbach erhalten. Errichtet wurden durchweg Ackerbürgerhäuser mit den dazugehörenden Nebengebäuden. Verpflichtend war die traufständige Bauform (das galt auch für die in Zweitverwendung hier aufgestellten Fachwerkhäuser, die aus Gründen der Bauholzknappheit auswärts aufgekauft wurden), die im Verbund mit den Nachbarhäusern zumeist geschlossene Fassadenzüge entstehen ließ. Trotzdem war auch hier der Individualität Spielraum gegeben, so mit dem Hausvolumen und der Firsthöhe, der Wahl zwischen Sattel- und Walmdach mit oder ohne Zwerchhaus. Die verschiedentlich noch vorhandenen Mansarddächer entsprangen meist späteren, Raumkapazität gewinnenden Umbauten. Dezente städtebauliche Akzente wurden durch Wohnhäuser mit frontzentralem, dreiseitigem Erker gesetzt (Kreuzgasse 17, 22 und Porbach 3). Dem Verkehrsaufkommen des 20. Jahrhunderts zum Opfer fielen an den Hauptverkehrswegen nach und nach die zu den Eingängen führenden Werksteinstufen bzw. auch die ein-oder zweiläufigen Freitreppen mit teilweise elegant verzierten Handläufen, so dass die vorhandenen Erschließungssituationen mit nach innen verlegten Türen zumeist als nachträgliche Maßnahmen zu werten sind. Das im Urplan des Wiederaufbaus wohl vorgesehene, bauliche Ausgreifen über das Klapperfeld hinaus, das seinerseits mit den Hofreiten (Nr. 2-16) weiter erschlossen worden war, wurde im Ansatz an der oberen Zitzergasse umgesetzt. Dort entstanden im Rücken der fürstlichen Gebäude an der Obergasse und in deren künstlerischen Abglanz um 1730 und ebenfalls nach Entwurf von Friedrich Joachim Stengel straßenseitig stattliche Wohnhäuser von Hofreiten (Nr. 26, 28).
Die Gesamtanlage Alt-Merzhausen umfasst einen Teil des alten Dorfes im Umfeld von Kirche und Gericht bzw. Rathaus. Ihre Grenze wird gebildet von der Weilstraße, ehemals auch „Gass“ genannt, der innerörtlichen Hauptader Langgasse, der Muffgasse und der Rauschpennstraße, die nach Osten aus dem Dorf hinaus zum namengebenden Wäldchen führt. Dreiseitig um die beiden örtlichen Wahrzeichen kirchlicher und öffentlicher Funktion angesiedelt sind Hofreiten typologisch unterschiedlicher Art, die, soweit aufgrund der Auslichtungen bzw. Umwidmungen der Nebengebäude noch feststellbar, aus Hakenhöfen, Zweiseithöfen und Fränkischen Hofreiten bestehen. Die Wohnhäuser dieser Anwesen nehmen die Eckposition im Straßengeviert ein und stehen ansonsten bündig an deren Verläufen. Ihre Scheunen und Ställe bildeten einst einen dichten Hofraumschutz und zugleich einen die Ruhe des Kirchhofes bewahrenden Kranz. Eine Ausnahme stellt das Wohnhaus Muffgasse 4 dar, welches im Hofhintergrund und mit einer Giebelseite an der Grenze zur Kirche sitzt. Mit diesem traufständigen und Geschossüberstand aufweisenden Bau ist im Kern wohl auch eines der ältesten Privathäuser (17. Jahrhundert?) im Bereich der Gesamtanlage, deren Substanz durch die Brände von 1740 und 1760 stark beeinträchtigt worden war, erhalten geblieben.
Die Gesamtanlage Michelbach umfasst den Dorfraum des im Spätmittelalter wüst gefallenen und im frühen 18. Jahrhundert wieder in Besiedlung genommen Ortes Michelbach. Die Dorfstelle wird von einer in Süd-Nord-Richtung abfallenden Hauptstraße geteilt und in ihrer Längenerstreckung von zwei einmündenden Wegen, dem Hundstädter Weg im Süden und dem nach Maibach führenden Fußweg im Norden, begrenzt. Der Wiederaufbau des Dorfes war in zwei Schritten erfolgt. Zuerst siedelten sich auf Geheiß des Landesherrn ab 1701 französische Glaubensflüchtlinge an. Sie zogen jedoch (wie auch ihre Glaubensbrüder in Hasselborn) noch vor Ablauf der auf zehn Jahre festgelegten Befreiung von Steuern und Diensten wieder ab. In Reaktion auf den 1712 erneuerten fürstlichen Freiheitsbrief ließen sich schließlich Leute aus Eschbach nieder.
Die Gesamtanlage Wilhelmsdorf umfasst den aus zehn Hofreiten bestehenden Kern des 1707 gegründeten Dorfes. Seine Anwesen liegen beidseitig und je zu fünft an der Alten Limburger Straße auf länglichen Grundstücken, die sich im Süden zum Laubach hinziehen und im Norden an dem parallel zum Bahndamm geführten Weg enden. Die rückwärtige Begrenzung der zumeist in Hakenform angelegten Höfe wird mit den Scheunenwänden angezeigt, die, einer Linie folgend, ursprünglich den Hofraum beschließend wirkten (noch nachvollziehbar bei Nr. 18, 24 und 17, 25). Während an der Nordseite lediglich vereinzelt später hinzugefügte Nebengebäude zu verzeichnen sind, stehen die Grundstücke der Südseite bereits in Auflösung begriffen (Nr. 25 im Zusammenhang mit der benachbarten Überbauung erschlossen und mit neuen Hausstellen belegt; bei Nr. 21 ein über den dortigen Hofraum erschlossener Neubau).
Wilhelmsdorf stellt unter den dörflichen Neugründungen, die im Zeitalter des Absolutismus vom Nassau-Usinger Fürstenhaus zwecks kontrollierten Landausbaus veranlasst worden waren, ein eindrücklich gut erhaltenes Beispiel dar. Seine Dorfgestalt in Form eines normierten Liniendorfes mit einheitlich großen und zweckmäßig angeordneten Hofreiten ist Abbild einer siedlungstechnisch und ideologisch durchdachten Kolonisation und, auf örtliche Verhältnisse gebracht, Spiegel einer in Rechten und Pflichten und (zumindest in den Anfängen) materiell gleichgestellten Einwohnerschaft. So wird die zur Dorfstraße umgewidmete Landstraße optisch beherrscht von sich im Gegenüber platzierten und nach einheitlichem Entwurf errichteten, giebelständigen Wohnhäusern. Die über hohen Sockeln zweigeschossig stehenden Gebäude mit schmalen, zweiachsig durchfensterten Giebelwänden und Satteldächern (lediglich Nr. 18 und 25 haben Schopfwalme) besitzen vermutlich, wie von Nr. 22 angezeigt, durchweg zweizonige Baukörper. Das an diesem Bau im Obergeschoss freigelegte Fachwerk weist an der westlichen Traufseite klappsymmetrisch ausgelegtes und mit Mannfiguren ausgesteiftes Gefüge auf. Möglicherweise ist Sichtfachwerk dieser Qualität auch an anderen Ursprungsbauten vorhanden.
Die Klaubergasse gehört entwicklungsgeschichtlich zur Vorstadt Westerfeld, in der sich eine Sparte des Wollhandwerks konzentriert hatte, nämlich das dem Spinnen vorangehende Klauben bzw. Auseinanderzupfen von Werg und Wolle. Darauf zurückgeführt wird der Name der Gasse wie auch die Bezeichnung dieses Stadtteils mit „Kläubereck“. Westerfeld wurde, wie auch die Vorstadt Parbach und der ehemals in sich befestigte Hattsteiner Hof (Obergasse 23) im Zuge der spätmittelalterlichen Stadterweiterung in die Befestigung mit aufgenommen. Zwei Türme und ein Graben gaben der Mauer in diesem Bereich zusätzlichen Schutz. Nachdem durch den Stadtbrand von 1692 auch im ehemaligen Westerfeld erhebliche Schäden zu verzeichnen gewesen waren, wurde die Gelegenheit wahrgenommen, der Gasse ein der damals ebenfalls neu entstehenden Oberstadt angeglichenes Gesicht zu geben. Die Klaubergasse wurde weitgehend begradigt – die östliche Seite ging in den Hofraumbebauungen der Zitzergasse auf – und mit traufständigen und als Reihe auftretenden, kleinvolumigen Fachwerkhäusern bebaut. Trotz dieser Maßnahmen war im Hintergrund dieser Hofreiten offenbar einiges aus der mittelalterlichen Vergangenheit erhalten geblieben. So heißt es noch 1833, im Jahr vor Inangriffnahme der Arbeiten an der Synagoge (Klaubergasse 4): „Ein Platz im Kleuber hinter Chr. Wagners Hofraithe, andererseits an der Stadtmauer – die sogenannte alte Burg – nebst dem daran befindlichen alten Thor“.