Schloßgartenstraße 45-55
Parallel zur Entwicklung an der Frankfurter Straße entstand auch hier am Rand des Prinz-Georgs-Gartens um 1860 eine Reihe von freistehenden, vermutlich zweigeschossigen Landhäusern. Um die Jahrhundertwende wurden die Lücken bebaut, die vorhandene Bebauung zum Teil aufgestockt und mit zeitgenössischem Fassadendekor versehen. So entstand ein bis heute unveränderter, geschlossener gründerzeitlicher Blockrand mit teilweise aufwendigem historisierendem Fassadenschmuck.
Rheinstraße 64-96a
1951 wurden die fünf von Werner Neumann (auch Entwurf Michaeliskirche) entworfenen Mietshäuser entlang der unteren Rheinstraße bezogen. Die viergeschossigen Wohnhäuser mit den für die Bauzeit typischen Fassaden und Dachüberständen reihen sich kammartig an der Rheinstraße entlang auf. Zwischen den Häusern, die mit der Schmalseite zur Straße stehen, liegen große Freiflächen als Spiel- und Trockenwiesen sowie eingeschossige Geschäftspavillons als architektonische Begrenzung des Straßenraumes.
Die Konzeption dieser Häuser brachte Darmstadt - wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg - eine heute makaber erscheinende Ehrung ein. Darmstadt wurde als "luftkriegsgerechte Stadt" ausgezeichnet. Grund dafür waren die großzügigen Abstandsflächen zwischen den Wohnhäusern, die bei Bombenangriffen, Explosion und Feuer einen ausreichend großen Sicherheitsabstand zu den Nachbarhäusern garantieren.
Die Bauten der ehemaligen Getreidehandelsbank in der Rheinstraße 94 sowie das ehemalige Verwaltungsgebäude der Dugena in der Rheinstraße 96, stammen von Kurt Jahn von der Wiederaufbau GmbH. Die Häuser wurden 1952/ 53 gebaut. Bis heute markiert das mit sechs Stockwerken für Darmstadt ungewöhnlich hohe Haus der ehemaligen Getreidehandelsbank den Eingang zur Stadt.
Zu den markanten Details gehört die Kunst am Bau. Das Relief auf der Nordseite der ehemaligen Getreidehandelsbank, das an Le Corbusiers Modulor erinnert, stammt von dem Mainzer Bildhauer Heinz Hemmich.
Seltene Industrie-Mühlenanlage des Historismus um 1890. Das Mühlenanwesen, an der Modau gelegen, besteht aus dem Wohngebäude, dem Mühlengebäude, der schlichten Scheune und dem Gesindehaus. Eine weiträumige Gartenanlage mit Pavillon schließt sich an. Das Wohnhaus über drei Geschosse mit historistischer Bauzier. Roter Klinkerbau mit Schmuckfenstergewänden und Fensterverdachungen in gelbem Sandstein. Gesimsbänder über Sockel und 1. OG. Bauchiger, schmiedeeiserner Balkon in der Mitte der Beletage über dem über vier Treppenstufen führenden Mitteleingang. Das Mühlen(lager)gebäude schließt sich in fast doppelter Länge an. Der 3 1/2-geschossige Industriebau ein kräftig dimensionierter Holz-Skelettbau mit umgebender Mauerschale aus rotem Klinker. Jeweils auf Geschoßebene durch acht Spannanker verklammert. Die Spitzbogenfenster sind als gesproßte Industriemetallfenster ausgebildet. Die Mühlentechnik mit Turbine ist im Keller noch vorhanden. Im Garten Holzpavillon mit Zeltdach in Biberschwanzziegeln und Dachreiter aus Zinkblech. Die gemauerte Rückwand ziert kunstvolles schmiedeeisernes Fenstergitter.
Für die Siedlungsgesellschaft für das Verkehrspersonal (SIEGE) plante Reichsbahnoberrat Hans Kleinschmidt die Reihenhaussiedlung Am Lindgraben 1-20. Die im Volksmund als "Bogenhausen" bekannte Eisenbahnersiedlung wurde auf Kreisausschnitten konstruiert. Von den ursprünglich vier geplanten Häuserzeilen wurden nur drei gebaut. Die dem Kreismittelpunkt nächste Reihe besteht aus drei Häusern, die mittlere aus sieben und die äußere aus zehn Reihenhäusern. Durch die gebogene Anlage entstehen interessante Perspektiven, die der Siedlung Gartenstadtcharakter verleihen. Die Häuser sind jeweils zweistöckig mit Keller und nutzbarem Dachgeschoß unter steilem Satteldach, das über die gesamte Reihe hinweggeht. Die Fassaden sind glatt verputzt. Stilistisch ist die 1928 geplante Siedlung eine Mischform aus Traditionalismus, Expressionismus und gemäßigter Sachlichkeit. Zur traditionellen Architektur gehören die Dachform, zum Expressionismus die über Eck eingebauten Fenster und die horizontale Betonung durch Gesimse, zur Sachlichkeit der halbelliptische Vorbau am mittleren Haus der inneren Reihe.
Heidelberger Landstraße 58, 60, 62, 64, 69, 73, 75
Die freistehenden Villen an der Heidelberger Straße entstanden in der Zeit zwischen der Jahrhundertwende und dem Ersten Weltkrieg. Ihre Architektur ist beeinflusst vom Historismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts, dem Traditionalismus und dem Landhausstil des frühen 20. Jahrhunderts. Die Gartenanlagen und die noch erhaltenen Einfriedungen tragen zur zeittypischen Ensemblewirkung bei.
Die Gesamtanlage steht aus künstlerischer Gründen unter Denkmalschutz.
Historische Bahnanlage der Jahre 1898-1960 mit Funktionsbauten und Freiräumen (Schienenführung)
Die Prägung des Darmstädter Stadtteils Kranichstein durch die Eisenbahn beginnt in der Mitte des 19. Jahrhundert und zieht sich sukzessive über die nachfolgenden 100 Jahre. Auf der Bahnstrecke Mainz-Aschaffenburg, die von der privaten Hessischen Ludwigsbahn betrieben wurde, entstand 1858 ein erster Haltepunkt, der die Ansiedlung von Arbeitern in Kranichstein nach sich zog. Im Jahr 1896 errichtete man vor Ort anstelle eines kleinen Stationsgebäudes einen zweigeschossigen Bahnhofsbau. Im gleichen Jahr erfolgte die Verstaatlichung der Ludwigsbahn und kurze Zeit später, am 1. April 1897, übernahm die Verwaltung der Preußischen Staatseisenbahnen die Betriebsführung der Staatseisenbahnen des Großherzogtums Hessen (seither Königlich Preußische und Großherzoglich Hessische Eisenbahnbetriebs- und Finanzgemeinschaft). Im Zuge dieses Umstrukturierungsprozesses und weil der bis dahin im Zentrum der Stadt gelegene Bahnhof (Steubenplatz) an seine Kapazitätsgrenzen gelangt war, wurde der Standort Kranichstein zu einem Güter- und Rangierbahnhof ausgebaut. Der nun folgende Anstieg an Eisenbahnpersonal führte zur Errichtung weiterer Wohnhäuser und Infrastrukturen, wie z.B. Gaststätten im Bereich des Bahnhofs, die bis heute das Stadtbild mitbestimmen. Mit der Inbetriebnahme des neuen Darmstädter Hauptbahnhofes 1912 wurde der Kranichsteiner Rangierbahnhof zum selbstständigen Bahnbetriebswerk mit Wagenunterhaltungsabteilung aufgewertet, das der Wartung und Beheimatung der zur Bespannung der Güterzüge notwendigen Lokomotiven diente. Die dafür verlegten Gleisstränge reichten fast bis an die nordöstlich von Kranichstein gelegene Dianaburg. Die Einweihung des neuen Bahnhofs erfolgte 1898. Zusätzliche Eisenbahnerhäuser entstanden in der nahe gelegenen Jägertorstraße und Parkstraße. Noch 1929/30 wurde im Auftrag der Siedlungsgesellschaft für Verkehrspersonal die Siedlung „Rundhausen“ errichtet.
Mit dem Ausbau avancierte der Kranichsteiner Bahnhof nach Mainz-Bischofsheim und Frankfurt-Ost zu einem der wichtigsten Rangierbahnhöfen im Rhein-Main-Gebiet.
1908 erfolgten der Ersatz und die Erweiterung der ersten baulichen Anlagen des Jahres 1898. Bis heute bestehen die meisten der Bauten aus dieser Zeit. Das Kranichsteiner Betriebswerk wurde 1960 geschlossen, als die Strecke vom Darmstädter Hbf nach Aschaffenburg und der Bahnhof Kranichstein elektrifiziert und damit die Nutzung von Dampflokomotiven überflüssig wurde. Im Zuge der Elektrifizierung entstanden die beiden heute noch vorhandenen Stellwerkstürme Nord und Süd.
In den folgenden Jahren nutzte die Deutsche Bundesbahn den Lokschuppen noch als Abstellhalle für die nun im Rangierbahnhof eingesetzten Dieselloks. Mit dem schrittweisen Rückgang der Auslastung des Rangierbahnhofs und seiner finalen Schließung, wurde nicht mehr die volle Anzahl an überdachten Ständen benötigt, weshalb der Lokschuppen 1970 über den Ständen 9-14 zurückgebaut und die Untersuchungsgruben zugeschüttet wurden.
1971 mietete der Verein Eisenbahnmuseum den baulichen Rest des Schuppens zum Unterstellen historischer Fahrzeuge an. Bereits seit 1970 betreiben ehrenamtliche Mitarbeiter das Eisenbahnmuseum Darmstadt-Kranichstein, das 1976 nach Vermietung durch die Deutsche Bundesbahn eröffnet wurde. Das Museum befindet sich im Bahnbetriebswerk des ehemaligen Rangierbahnhofs. Der Ringlokschuppen wird für die Lokomotivausstellung genutzt. Die Wagensammlung wird in der ehemaligen „Güterwagenschnellausbesserung“ gezeigt. Sie ist auch heute noch Wagenwerkstätte. Der historische Schienenstrang wurde gegen Ende der 1990er Jahre um ein Drittel gekürzt.
Wertigkeit:
Der ehem. Güter- und Rangierbahnhof Kranichstein ist ein einseitiger Bahnhof in Breitenanordnung.
Seine in weiten Teilen bis heute bestehenden Bauten aus dem Jahr 1908, zu denen mehrere Hallen und Schuppen sowie einer Personalunterkunft gehören, wurden überwiegend als Typenbauten aus Backstein konstruiert. Hierzu zählt auch der überkommene Teil eines halbrunden Lokschuppens mit Drehscheibe. Im historischen Gleisgefüge befindet sich außerdem noch ein alter Verladekran.
Bei dem 1960 in Betrieb genommenen Kranichsteiner Stellwerk handelt es sich um ein typisches elektrisches Relais-Stellwerk, konkret um ein sogenanntes Spurplandrucktastenstellwerk von Lorenz, Bauart 20 (Sp Dr L20). Es umfasst eine Strecke von fünf Kilometern, hat 13 Gleise und 60 Weichen und wird über zwei Stellwerkstürme überwacht.
Der ehemalige Rangier- und Güterbahnhof Kranichstein ist in der Gesamtheit seiner baulichen Anlagen und Verkehrsstrukturen seit rund 160 Jahren prägender Bestandteil der urbanen Struktur und der Kulturlandschaft Kranichsteins und damit von städtebaulicher Bedeutung. Als einer der einst wichtigsten Verkehrsknotenpunkte des Güterverkehrs im Rhein-Main-Gebiet kommt ihm außerdem eine besondere wirtschafts- und regionalgeschichtliche Bedeutsamkeit zu. Die anhand des überkommenen Baubestandes (Gebäude und Schienenverlauf) noch gut nachvollziehbaren funktionalen Abläufe machen den Bahnhof darüber hinaus zu einem wichtigen verkehrstechnischen Zeitzeugnis der hessischen Eisenbahngeschichte.
Er ist somit aus geschichtlichen, technischen und städtebaulichen Gründen gemäß § 2 Abs. 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz als Sachgesamtheit in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.
Auf dem sich südlich und östlich an das Kulturdenkmal „Haus Wilbrand" anschließenden Grundstück wurde in den Jahren 1963 bis 1965 das Anwesen nach den Plänen des Darmstädter Architekten Fritz Soeder um neue Gebäude und eine Gartenanlage für die Nutzung als Wohnstift erweitert. Auf dem Grundstück wurden vier Atriumbauten unterschiedlicher Geschosshöhe in lockerer Gruppierung um und in einer großzügigen Grünanlage eingebettet errichtet, teils durch einen überdachten Wandelgang verbunden und dem Bestand die Neubauten der Sechziger Jahre in vorbildhafter Weise hinzugefügt.
Die Neubauten wurden als Geschoss-Wohnungsbau und in Anlehnung an die für Einfamilienhäuser dieser Zeit typische zurückhaltende Bungalowarchitektur mit Flachdach und Panoramaverglasung errichtet. Als Atriumhäuser umschließen die Gebäude je einen begrünten Innenhof, von dem die Wohnungen über Treppenanlagen bzw. Aufzüge und umlaufende Laubengänge separat erschlossen werden und somit die Wohnqualität durch den Charakter der Einfamilienwohnung entscheidend bereichert. Die Häuser zeigen daher in der Fassadengliederung den kennzeichnenden Kontrast zwischen den sich zur Grünanlage in großflächigen Fenstern öffnenden „Außenfassaden" und den aufgrund der Erschließungsfunktion der Innenhöfe weitgehend geschlossenen Innenhoffassaden.
Die Gebäude wurden traditionell in Massivmauerwerk mit Betondecken ausgeführt, das Mauerwerk mit handgestrichenen holländischen Klinkern verkleidet. Helle Betonbänder markieren die Geschosshöhen, ein flaches, kantiges Gesims leitet zum Flachdach über. Im Wechsel mit schmalen Wandstreifen schneiden die Balkonöffnungen der Wohnungen tief in die Fassade ein, lösen die kubische Gesamtkontur der Gebäude jedoch nicht auf, da die Balkonbrüstungen mit der Fassadenflucht abschließen. Großzügige querformatige Panoramafenster belichten die Wohnungen.
Überdies blieb die qualitätvolle bauzeitliche Ausstattung der Gebäude und der Grünanlage erhalten. Die Bronzeplastik zweier Seehunde neben dem Brunnen stammt von dem Darmstädter Bildhauer Fritz Schwarzbeck. Auf den Wegen der Grünanlage und der Innenhöfe, den Treppen, den Laubengängen sowie an der Umfassung des Brunnenbeckens blieben die Waschbetonplatten unversehrt erhalten. Die Lampen, die die Grünanlage und Laubengänge beleuchten sowie jene, die an den Stützen des Wandelganges angebracht sind, zählen ebenso zur ursprünglichen Ausstattung, wie die Geländer und die schwarz beschichteten Handläufe an den Treppenaufgängen und in den Laubengängen. In nahezu allen Gebäuden blieben zudem die Aufzugsanlage als auch die Fenster der Erbauungszeit erhalten.
Die für Fritz Soeder charakteristische Verklinkerung der Neubauten knüpft an eine Darmstädter Tradition an, die in den 1920er und 1930er begründet wurde. Die Denkmaleigenschaften der durch Soeder 1963-65 geschaffenen Wohnanlage Dieburger Straße 199 begründet sich zum einen aus der Verwurzelung innerhalb der Darmstädter Architekturtradition der Nachkriegszeit, aus dem geschlossenen Erhaltungszustand der Gesamtanlage sowie der hohen gestalterischen Qualität und Sensibilität, mit der es dem Architekten gelang, Altbau und Neubauten, Architektur und Grünanlage sowie das Gedankengut der Fünfziger und die Bauformen der Sechziger Jahre zur Steigerung der Wohnqualität der Anwohner miteinander zu verbinden.
Obwohl zwischen 1963 und 1965 errichtet, gehen Teile der in den Soeder'schen Neubauten realisierten Konzepte und Details auf Vorstellungen und Motive der Fünfziger Jahre zurück. Die lockere pavillonartige Gruppierung der Atriumbauten innerhalb der Grünanlage, der Wandelgang sowie die Verschmelzung der Planungen von Grünanlage, Architektur und Kunst am Bau, sind Motive, die im Gedankengut des vorigen Jahrzehnts wurzeln und von Soeder bereichernd in die Planungen eingebunden wurden.
Die Architektur der Neubauten in der Dieburger Straße 199 präsentiert sich in ihrem Grundcharakter und ihrer Gestaltung jedoch deutlich als „Kind" der 1960er Jahre. Die Kubatur der Häuser, die als um ein Atrium angelegte Bungalowarchitektur mit betonten horizontalen Gliederungsdetails errichtet wurden, die nicht mehr ausschwingenden, sondern vielmehr in den Gebäudekubus eingeschnittenen Balkone, die Verwendung von Panoramafenstern sowie die insgesamt eher strenge, lineare Gesamtstruktur der Ausstattung und der Anlage, vor allem der Grünanlage, die bei der Realisierung des Wandelgangs, der Gestaltung der Lampen und des Brunnenbeckens völlig auf schwingende Formen und Räume verzichtet, zeigen sich deutlich den Ideen und Formen der Architektur der Sechziger Jahre verpflichtet.
Die Gebäudegruppe steht aus künstlerischen Gründen unter Denkmalschutz.
Am Löwentor 13-25, 27
Am Oberfeld 22
Rosenhöhweg 23, 25, 27
Seitersweg 16, 20, 22
Wolfskehlstraße 116, 124, 126.
In den 1930er Jahren entwickelte sich in Zeiten der Prosperität nach der Währungsreform 1923 und der Überwindung der allgemeinen Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg im Osten der Stadt ein Villengebiet wohlhabender Bürger. Das Ensemble wird architektonisch von zweigeschossigen blockhaften Wohnhäusern geprägt, die einem gemäßigten, von der klassischen Moderne beeinflussten Baustil mit Anklängen an den Expressionismus verpflichtet sind. Eine den Seitersweg prägende Baugruppe Am Löwentor 24, Seitersweg 20 und 22 sowie Am Oberfeld 22 entstand nach Plänen der bekannten Darmstädter Architekten Markwort und Seibert.
Die zweigeschossigen kubischen Baukörper werden durch eingeschossige Anbauten, breit gelagerte Terrassen und Balkone mit relingartiger Brüstung sowie Aussparungen in Form von Loggien an den Gebäudeecken aufgelockert. Charakteristisch für diesen Bautypus ist auch das ziegelgedeckte Walmdach mit kleinen Schleppgaupen, das mit seinem weit auskragenden Dachgesims dem Baukörper einen schützenden oberen Abschluss gibt. Manche Dächer schwingen zum Dachüberstand mittels eines Aufschieblings flach aus. Gestaltungsmotive aus der Schiffsarchitektur wie abgerundete Ecken, Bullaugen und Reling schmücken als modische Architekturaccessoirs einige Gebäude. Bauelemente eines gemäßigten Expressionismus zeigen sich in den Fenstervergitterungen mit liegenden Stäben, den Flachdächern über den seitlich angeordneten Eingängen und den übereck gestellten Fenstern. Diese haben sich im Gegensatz zu den ursprünglich horizontal versprossten Holzfenstern zum Teil erhalten. Die Materialien entsprechen einer traditionalistischen Bauauffassung: Es sind Putz für die Wandflächen, Kunststein für die Fenstergewände, Holzklappläden sowie Klinker und Naturstein für Sockel und Einfriedungen.
Die Gebäudegruppe von 24 stattlichen Ein- und Mehrfamilienhäusern in landschaftlich bevorzugter Lage nördlich des großherzoglichen Parks Rosenhöhe steht wegen ihrer einheitlichen architektonischen Grundauffassung der gemäßigten Moderne aus künstlerischen Gründen als Gesamtanlage unter Denkmalschutz.
Schon in den frühen Nachkriegsjahren bemühte sich die Stadt Darmstadt massiv um die Wiederansiedlung von Kunstschaffenden aller Sparten im Stadtgebiet. Gemeinsam mit der Wiederaufbau GmbH entstanden insbesondere im Umfeld der innenstadtnahen Mathildenhöhe mehrere Mietshäuser für durch den Krieg wohnungslos gewordene Künstler. Auch Grundstücksankäufe und Wohnhausneubauten investitionswilliger Interessenten wurden durch den 1949 auf Initiative der Stadt gegründeten Verein der Förderer der Darmstädter Künstlerkolonie subventioniert. Die bewusste Anknüpfung an das künstlerische und ideelle Erbe der unter großherzoglicher Ägide entstandenen Künstlerkolonie Mathildenhöhe wurde dabei von den Verantwortlichen stets hervorgehoben. Im Zuge dieser Unternehmungen entstand 1953 auch der Verein Neue Künstlerkolonie Rosenhöhe unter maßgeblicher Beteiligung des Prinzen Ludwig von Hessen. Dieser hatte sich schon früh für die Wiederherstellung der kriegszerstörten Darmstädter Museen (Schlossmuseum, Porzellansammlung und Landesmuseum) eingesetzt und war bestrebt, das Vermächtnis seines Vaters, Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, in zeitgemäßer Form weiterzuführen. Mit der Idee einer neu zu gründenden Künstlerkolonie verfolgten die Vereinsmitglieder, unter denen sich auch der Darmstädter Oberbürgermeister Ludwig Engel, der Architekt und Leiter der Wiederaufbau GmbH Kurt Jahn sowie der Architekt und Mitbegründer der Darmstädter Sezession Otto Bartning befanden, vornehmlich soziale Aspekte. In einer Erklärung des Prinzen Ludwig aus dem Jahr 1955 heißt es: „Im Drang der heutigen Zeit braucht der geistige Mensch Ruhe und Möglichkeit zu Besinnung, die wollen wir ihm geben. […]. Im Gegensatz zur alten Kolonie verfolgen wir kein Programm und verlangen überhaupt keine Gegenleistung von den Angesiedelten. Dafür müssen sie einen geringen Mietzins für die für sie errichteten Häuser zahlen.“ Nach den Vorstellungen Ludwigs sollten sich an diesem Ort junge Künstler und Handwerker niederlassen, die sich zukunftsgewandt der „romantischen Feindschaft gegen Technik und Massenerzeugung“ entgegenstellten, um moderne Errungenschaften und Kunst gemäß den Bedürfnissen der Allgemeinheit miteinander zu verbinden.
Für die geplanten Bauvorhaben stellte der Prinz ein Grundstück auf dem Areal des großherzoglichen Parks Rosenhöhe zur Verfügung, das er der Stadt für ein geringes Entgeld verkaufte. In zwei Bauphasen entstanden zwischen 1955 und 1967 ebenfalls mit Hilfe der Wiederaufbau GmbH insgesamt neun Wohnhäuser mit unterschiedlicher Konzeption. Nach dem Tod des Prinzen Ludwig 1968 übernahm dessen Frau Margret den 1. Vorsitz. Mit der Auflösung des Vereins 1974 übernahm die Stadt Darmstadt die Wohnhäuser. Sie werden nach den gleichen Grundsätzen bis heute an Kunstschaffende vermietet.
Wohnhäuser im Edschmidweg
Die ursprüngliche Planung sah die Errichtung von bis zu zehn Wohnhäusern für namhafte, in Darmstadt tätige Künstler vor, von denen in der ersten Bauphase drei Gebäude erstellt werden sollten. Für zwei davon waren mit dem jungen Theaterintendanten Gustav Rudolf Sellner und dem einflussreichen Philosophen und Schriftsteller Kasimir Edschmid auch bereits die gewünschten Bewohner gefunden. Das dritte und auch alle weiteren Bauten dieser Planungsidee wurden aufgrund fehlender finanzieller Mittel und mangels passender Mieter jedoch nie realisiert.
Die Auswahl der Architekten ebenso wie die Gestaltungsplanung für die beiden Wohnhäuser Edschmid und Sellner fand in enger Abstimmung mit ihren zukünftigen Bewohnern statt und hatte zwei höchst individuelle Entwürfe zum Ergebnis, die ab 1955 umgesetzt wurden.
Mit der Erstellung eines ganzheitlichen Gestaltungskonzepts für das Baugebiet wurde zeitgleich der Landschaftsarchitekt Hermann Mattern beauftragt. Jedoch fand keiner der neun Entwürfe, die Mattern mit seinen Schülern an der Kasseler Werkakademie entwickelt hatte, Anklang. Bis zum Ende der Bautätigkeiten auf der Rosenhöhe 1967 wurde kein weiteres Bebauungskonzept erarbeitet.
Edschmidweg 23, Haus Edschmid
U.a. begründet auf ihrer gemeinsamen Teilnahme an der landesweit beachteten Symposiumsreihe „Darmstädter Gespräche“ (Nr. II., Mensch und Raum, August 1951) entschied sich Kasimir Edschmid beim Bau seines Hauses für das innovative Frankfurter Architektenduo Alois Giefer und Hermann Mäckler. Baubeginn war im Spätsommer 1955, für die Bauzeit benötigte man nur ca. drei Monate. Mit Bedacht auf die Parkgestaltung entstand ein zurückhaltend in das Gelände eingebrachter eingeschossiger Baukörper, dessen Abwinkelung von Wohn- und Schlaftrakt eine lichtorientierte Ausrichtung nach Süden erlaubte. Die gleichzeitige Höhenanpassung an den leicht abfallenden Baugrund ergab für den östlich gelegenen Wohntrakt außerdem eine größere lichte Raumhöhe als für den westlichen, streng pragmatisch gegliederten Schlaftrakt mit insgesamt vier Schlafräumen. Das Gelenk der abgewinkelten Bauteile nimmt den zentralen Ess- und Aufenthaltsbereich auf, an den sich im Osten u.a. ein kleines Sekretariat und das mit einem Kamin bestückte, große Wohn- und Arbeitszimmer des Hausherrn anschließen. Haus Edschmid wurde 1957 vom Land Hessen mit dem Preis für vorbildliches Bauen ausgezeichnet. Eine Dacherneuerung erfolgte bereits 1969.
Edschmidweg 25, Haus Sellner
Wahrscheinlich aus den gleichen Beweggründen fiel die Wahl Gustav Rudolf Sellners auf den renommierten Düsseldorfer Architekten Hans Schwippert. Der kurze Zeit nach dem Haus Edschmid begonnene Bau war im Frühjahr 1956 bezugsfertig.
Eingebettet in dem leicht abfallenden Gelände der Rosenhöhe entstand ein eingeschossiger, rechteckiger Baukörper mit mittig angesetztem, risalitartigem Vorbau an der Südseite. Wie bei Haus Edschmid öffnet sich Haus Sellner nach Süden. Der T-förmige Grundriss mit zentraler Eingangssituation gliedert sich in Wohnbereich (Westseite), Gäste- und Kinderzimmer (Ostseite) sowie einen großen, zentralen, einmal abgestuften Wohn- und Empfangsraum (‚Sälchen‘) mit offenem Kamin im Vorbau. Die dadurch erzeugte Hierarchisierung der Räume erinnert an das Konzept von Zuschauerraum und Bühne und ist als Reminiszenz an die Profession Sellners zu verstehen.
Die schlichte, weiß verputzte Fassade mit ihrem streng symmetrischen Aufbau und der Gliederung durch eine enge Fensterreihe mit hölzernen Klappläden ist typisch für die eher konservative Formensprache Schwipperts. Die seitlich des Vorbaus gelegenen Terrassen sind mit einer damals hochmodernen Wellplexiglas-Überdachung versehen.
Wohnhäuser im Ludwig-Engel-Weg
Aus der langwierigen und ergebnislosen Planung zu einem dritten Künstlerwohnhaus erwuchs 1957 der Vorschlag Kurt Jahns für eine zusätzliche Planung von Künstlerwohnungen auf der Rosenhöhe. Abseits der beiden fertig gestellten Häuser, auf einem schmalen Geländestreifen nordöstlich des Löwentores, sollte nun, ähnlich der Weißenhofsiedlung in Stuttgart, eine ganze Reihe zwar weniger individueller, jedoch modernen Ansprüchen genügender, günstiger Wohnhäuser entstehen, die nach ihrer Fertigstellung an junge Künstler und deren Familien vermietet werden konnten. Die Auswahl der Architekten galt es diesmal mittels eines Wettbewerbs zu treffen, der jedoch zu keinem umsetzbaren Ergebnis führte. Nach zeitlichen Verzögerungen und weiteren Diskussionen fiel die Wahl der Vereinsmitglieder schließlich auf eine in Darmstadt ansässige Architektengemeinschaft. Mit der Errichtung von insgesamt drei Bautypen, jeweils bestehend aus einem Atelier- und einem Wohngebäude für Junggesellen bzw. Familien, wurden die Architekten Reinhold Kargel, Rolf Prange und Bert Seidel beauftragt. Auf dem nun südöstlich des Löwentors ausgewiesenen Gelände entstanden so zwischen 1963 und 1967 sieben weitere Künstlerhäuser, die zügig vermietet wurden. Erste Sanierungsmaßnahmen mussten bereits 1977 an fast allen Häusern vorgenommen werden.
Ludwig-Engel-Weg 1, 3, 5
Die drei durch Rolf Prange ausgeführten Wohnhäuser vom sogenannten Bautyp B liegen eng an der heute als Ludwig-Engel-Weg bezeichneten Hauptallee am Löwentor. Bestehend aus zwei freistehenden Gebäudeteilen sowie einem kleinen Innenhof und mit ca. 200 m² Wohn- und Arbeitsfläche sind sie die geräumigsten Wohneinheiten, die entsprechend für Familien mit Kindern gedacht waren. Dem eingeschossigen, in der Außengestaltung zurückhaltend aus Klinker und Sichtbeton erstellten Wohntrakt ist ein keilförmiges Ateliergebäude aus schalungsrauem Sichtbeton mit Pultdach vorgelagert. Seine ungewöhnliche Form mit der charakteristischen, gemäß ihrer Funktion nach Norden ausgerichteten Glasfront bestimmt das Erscheinungsbild des Ensembles. Die in schmale Rechtecke gegliederten Glasflächen sind von einer Stahl-Alu-Rahmenkonstruktion gefasst. Im Inneren wurde eine Galerie für „die Schau von Oben“ eingezogen, die etwa ein Drittel der Raumfläche einnimmt und durch eine schmale Treppe erreichbar ist. Der getrennt stehende, zurückliegende Wohntrakt enthält einen Wohnraum mit Kamin, Esszimmer und drei weiteren Räumen sowie Bad, Diele und Küche. Er ist nach Süden zu einer großen Gartenfläche hin geöffnet und teilunterkellert. Der kleine Hof im Winkel zwischen Atelier und Wohnhaus ist als Wäschetrockenplatz gedacht. Der Erstbezug der drei Häuser erfolgte durch Georg Hensel (Kritiker und Schriftsteller), Wilhelm Loth (Bildhauer) und Karl Krolow (Lyriker). Ateliergebäude und Wohnhaus Nr. 1 wurden 2016/17 saniert.
Ludwig-Engel-Weg 9
Der im Gelände etwas weiter nach Süden gerückte Bautyp C, ausgeführt von Bert Seidel, existiert nur einmal und ist der erste fertig gestellte Bau der sieben Wohnhäuser. Er unterscheidet sich von Bautyp B durch den eher quadratischen Grundriss des ebenfalls unterkellerten Wohntraktes und dessen bauliche Anbindung an den seitlich leicht versetzten Atelierbau durch eine Diele. Der Atelierbau entspricht dem Bautyp B, die Erschließung der Galerie erfolgt jedoch durch eine Wendeltreppe. Mit einer Gesamtnutzfläche von ca. 180 m² ist er etwas kleiner als Bautyp B und wurde zuerst von dem angesehenen Lyriker Frank Thieß bezogen. In den 1980er Jahren wurde ein kleiner Wintergarten an der Nordseite des Wohntraktes angebaut.
Ludwig Engel-Weg 11, 13, 15
Die drei Wohnhäuser des Bautyps A, ausgeführt von Reinhold Kargel, liegen wiederum weiter südlich von Haus Ludwig-Engel-Weg 9 (Bautyp C) und sollten mit rund 130 m² Nutzfläche vornehmlich an alleinstehende Künstler vermietet werden. Dem vorgelagerten kleinen Hofraum folgt seitlich der Wohntrakt, bestehend aus einem Wohnzimmer, einer Schlafnische sowie Diele, Küche und Bad. Das Gebäude ist nicht unterkellert. Das dem Bautyp B baugleiche Ateliergebäude beschließt den Hofraum nach Süden und ist an der Ostseite mit leichtem Versatz direkt an den Wohntrakt angebunden. Der Erstbezug der Wohnhäuser des Bautyps A erfolgte durch Hans Maria Wingler (Direktor des Bauhaus-Archivs), Gabriele Wohmann (Schriftstellerin) und Heinrich Schirmbeck (Schriftsteller). Ludwig-Engel-Weg 11 wurde nach Auszug des Mieters 1993 saniert.
Als bedeutende Zeugnisse für die Reaktivierung des kulturellen Lebens und die Fortführung der künstlerischen Traditionen in der kriegszerstörten Stadt Darmstadt während der Phase des Wiederaufbaus nach 1945 sowie als baukünstlerische Beispiele sowohl für den anspruchsvollen und individuellen als auch für den pragmatischen (Sozial-)Wohnungsbau der 1950er- und 1960er-Jahre, sind die Wohnhäuser der Neuen Künstlerkolonie Rosenhöhe aus geschichtlichen und künstlerischen Gründen als Einzelkulturdenkmäler im Rahmen einer Sachgesamtheit gem. § 2.1 Hess. Denkmalschutzgesetz innerhalb der Gesamtanlage Rosenhöhe zu bewerten.
Mollerstraße 17, 19, 21
1906 entstand in der Mollerstraße eine homogene viergeschossige Gebäudegruppe bestehend aus drei Wohnhäusern. Die reich gegliederten Fassaden im Stil des ausgehenden Historismus des 19. Jahrhunderts verweisen mit leichten Jugendstilanklängen in der Ornamentik bereits in die neue Zeit.
Die Ähnlichkeit der Gebäude mit jeweils vier Fensterachsen deutet darauf hin, dass sie von einem Bauherrn errichtet wurden, wie es damals üblich war. Die leichten Unterschiede der Fassadengliederung und -ornamentik sollten die Häuser unterscheidbar machen. Während die beiden nördlichen Gebäude mit den asymmetrisch gesetzten Erkern im Prinzip gespiegelt sind, weist das südliche mit dem mittigen Erker eine im Historismus gängige Symmetrie auf. Eine Vielzahl von meist abstrahierten und variierten Zierelementen aus verschiedenen Stilepochen wie der Gotik, der Renaissance und dem Barock mischen sich mit moderneren Ornamenten und Linienführungen. Sie geben den Fassaden ihr differenziertes eklektizistisches Erscheinungsbild. Die beiden südlichen Gebäude weisen noch die original aufgeteilten rechteckigen und rundbogigen Holzfenster mit kleinen Sprossenfeldern in den Oberlichtern auf. Die einzigen auffälligen Unstimmigkeiten sind der durchgehende Ladeneinbau im Erdgeschoss des südlichen Baus und die Fenster im nördlichen.
Wegen der gestalterischen Einheitlichkeit des kaum gestörten historischen Erscheinungsbildes steht die Gesamtanlage aus künstlerischen Gründen unter Denkmalschutz