An einer Wegekreuzung südöstlich des Ortes (Leide) plaziertes Heiligenhäuschen, gestiftet 1948 durch einen Spätheimkehrer. Auf einem gemauerten Sockel eine aus Kunststeinplatten zusammengesetzte Nische mit kleiner Plastik in Pietá-Darstellung. Der Bildstock ist von großgewachsenen Linden umstanden und seine weithin sichtbare Plazierung daher vermutlich schon durch einen Vorgänger belegt gewesen. Im Rahmen der an Christi Himmelfahrt die Leide hochziehenden Flurprozession wird an diesem ersten Bildstock ein Altar aufgebaut. Ortsgeschichtliche Bedeutung als Beleg für die Fortführung von jahrhundertealten katholischen Traditionen bis in die heutige Zeit.
Westlich der Ortslage im freien Feld angelegt. Von einer Hecke eingefaßtes Geviert mit 19 jüdischen Grabstätten aus einfachen Steinen, gruppiert in zwei Reihen. Die erste Bestattung fand 1913 (?), die letzte 1944 statt. Die Steine sind großenteils sowohl deutsch als auch hebräisch beschriftet. Als der Friedhof 1919 eingerichtet wurde, lag er 600 m von der Ortslage Allendorf entfernt mitten in der Feldflur. Vor 1919 beerdigte die Allendorfer jüdische Gemeinde ihre Toten in Hatzbach. Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden hier 123 russische Kriegsgefangene in der Zeit von November 1941 bis Mai 1945 in Massengräbern beerdigt. Davon zeugen neben einer Gedenktafel 94 ebenerdig eingelassene, nummerierte Steine. Die Kriegsgefangenen waren als Zwangsarbeiter in den Rüstungswerken beschäftigt. Eine offizielle Todesursache ist nicht bekannt. Sie sind offensichtlich durch die unmenschlichen Lagerbedingungen und die Arbeit mit den hochgiftigen Substanzen bei der Sprengstoffherstellung umgekommen. Durch diesen Akt wurde, von den Machthabern sicher in genau dieser Absicht durchgeführt, der Friedhof nach jüdischem Brauch entehrt.
Westlich der Ortslage im freien Feld angelegt. Von einer Hecke eingefaßtes Geviert mit 19 jüdischen Grabstätten aus einfachen Steinen, gruppiert in zwei Reihen. Die erste Bestattung fand 1913 (?), die letzte 1944 statt. Die Steine sind großenteils sowohl deutsch als auch hebräisch beschriftet. Als der Friedhof 1919 eingerichtet wurde, lag er 600 m von der Ortslage Allendorf entfernt mitten in der Feldflur. Vor 1919 beerdigte die Allendorfer jüdische Gemeinde ihre Toten in Hatzbach. Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden hier 123 russische Kriegsgefangene in der Zeit von November 1941 bis Mai 1945 in Massengräbern beerdigt. Davon zeugen neben einer Gedenktafel 94 ebenerdig eingelassene, nummerierte Steine. Die Kriegsgefangenen waren als Zwangsarbeiter in den Rüstungswerken beschäftigt. Eine offizielle Todesursache ist nicht bekannt. Sie sind offensichtlich durch die unmenschlichen Lagerbedingungen und die Arbeit mit den hochgiftigen Substanzen bei der Sprengstoffherstellung umgekommen. Durch diesen Akt wurde, von den Machthabern sicher in genau dieser Absicht durchgeführt, der Friedhof nach jüdischem Brauch entehrt.
Erbaut 1962-63, angesiedelt im Bereich des Stadtzentrums in der Nähe von Stadtverwaltung und Bahnhof. Städtebaulich exponierter Glockenturm, der diagonal in die Sichtachse zweier Straßen gestellt ist und dessen sich nach oben leicht verjüngende Sichtbetonkonstruktion durch waagerecht angebrachte Lamellen in Höhe der Schallöffnungen gegliedert ist. Der Kirchenraum erhebt sich über dem achsensymmetrisch achteckigen Grundriß als ein aus der Wand in die Decke verlaufendes Betonrippengefüge; der Mittelpunkt des daraus entstehenden Zeltdaches ist in Richtung Altar aus dem Zentrum verschoben. Die ursprüngliche Aufstellung der Prinzipalstücke Altar, Kanzel und Taufbecken in einer Linie ist heute verändert. Die Empore ist durch eine links des Eingangs platzierte Wendeltreppe in Sichtbeton erschlossen, die Orgel findet dort gegenüber dem Eingang ihren Platz. Die Stadtkirche knüpft in ihrer Gestaltung an die durch den Architekten Otto Bartning in den Fünfziger Jahren errichteten Notkirchen an. Sie steht aus kirchenbaugeschichtlichen und städtebaulichen Gründen unter Denkmalschutz. Das Raumverständnis rückt den Altar an den Ort der im traditionellen Kirchenbau im Kreuzungspunkt von Längs- und Querschiff liegenden Vierung.
1963 im Bereich der Flüchtlingssiedlung entstandener Kirchenbau mit Gemeindehaus. Der Kirchenraum wird aus Sichtbetonbindern gebildet, die als Wandstützen beginnend am Traufpunkt abknicken und sich als Sparren am höchsten Punkt des Zeltdaches vereinen. Die Zeltspitze ist aus der Mitte des Grundrisses in Richtung Altar verschoben. Dieser befindet sich in der Mittelachse mit der dahinterliegenden Kanzel und dem auf einer ausgedehnten Stufenanlage vorgelagerten Taufbecken. Die räumliche Gestalt nimmt Bezug auf die Entwürfe und Realisierungen, die in den späten Vierziger Jahren durch Otto Bartning im Rahmen des Notkirchenprogramms entwickelt wurden, dort jedoch meist in Holz ausgeführt wurden. Der Glockenturm ist als freistehender Campanile mit spitzem vierseitigen Helm dicht an die Straße gestellt, seine Ausführung in Beton und die regelmäßige Durchbrechung mit quadratischen Öffnungen läßt unschwer den Einfluß des Kirchenbauers Gottfried Böhm erkennen. Der Bau steht wegen seiner kirchenbau- und architekturgeschichtlichen Bedeutung unter Denkmalschutz.
Erster katholischer Kirchenneubau nach dem Zweiten Weltkrieg in Stadtallendorf, Grundsteinlegung 1960, An einem nach Osten ansteigenden Hang zwischen dem alten Ortskern und den Neuansiedlungen südlich der Neustädter Straße oberhalb der Stadtsilhouette gelegen, setzt der Bau einen besonderen städtebaulichen Akzent. Von dem Kasseler Architekten Bieling im Sinne der Kirchenbauten von Hans Schädel und Rudolf Schwarz errichtet, ergibt sich über einem zum Altar hin sich verengenden Grundriß ein schlichter, teilweise verputzter, teilweise in Sichtbeton gehaltener Baukörper, dessen flaches Dach sich in Richtung Altar neigt. Rechts ist ein schmales, sehr niedriges Seitenschiff ausgebildet.
Die Hauptfunktionen Taufbecken, Altar und Kanzel sind in der Mittelachse des Hauptschiffes aufgereiht. Eine kreisbogenförmige Ausbuchtung an der Westfassade dokumentiert den Ort der Taufe auch nach außen. Die Taufschale erhebt sich aus einem in den Kirchenboden eingelassenen, mit Fischmosaiken versehenen Becken. Darüber befindet sich die Orgel auf einer amöbenförmigen Empore, die über eine geschwungene Treppe in reinem Stil der Fünfziger Jahre erschlossen wird. Als Gegenüber ist die Ostseite der Kirche durch einen paraboloid geformten Chor abgeschlossen, dessen Übergang zum Hauptschiff von raumhohen schlanken Lichtschlitzen gebildet wird. Das nahezu unverändert aus der Bauzeit erhaltene Gebäude ist auf Grund der explizit gestalteten Lichtführung und der in Grund- und Aufriß ablesbaren liturgischen Erneuerung Kulturdenkmal aus städtebaulichen sowie kirchenbau- und architekturgeschichtlichen Gründen. Im katholischen Kirchenbau bildeten Überlegungen der sogenannten liturgischen Erneuerung ein wichtiges Element des Entwurfes, der hier den Altar näher an die Gemeinde rückt und Taufe, Altar und Kanzel ähnlich dem Verständnis in der evangelischen Kiche in einer gemeinsamen Linie anordnet.
Erste nach dem Krieg in Stadtallendorf entstandene evangelische Kirche, als Notkirche in Form eines vorgefertigten Holzskelettbaus errichtet. Kleine Zimmerkirche mit Satteldachabschluß, die auf Bauten im Rahmen des „Hilfswerkes der evangelischen Kirchen" zurückgreift, wie sie von Otto Bartning Ende der Vierziger Jahre entworfen und gebaut wurden. Der Altar in der Längswand ist durch größere Drehtüren verschließbar, seitlich die Sakristei untergebracht. Auf der gegenüberliegenden Traufseite befinden sich durch verschiebbare Klappen abgeteilte Nebenräume, die dem Kirchenraum im Sinne eines Mehrzweckraumes zugeschaltet werden können. Der aus der zweiten Hälfte der Fünfziger Jahre des 20. Jhs. weitgehend unverändert überlieferte Bau ist Kulturdenkmal aus kirchenbau- und religionsgeschichtlichen Gründen. Er dokumentiert für die Phase, in der die Bevölkerung Stadtallendorfs durch die Aufnahme von Flüchtlingen stark anwuchs, das Bekenntnis, die Gemeinde in dieser Zeit innerer und äußerer Bedrängnis zu einer Notkirche zu sammeln.
Weitgehend original erhaltener zweigeschossiger Fachwerkbau, errichtet 1939-41 als Verwaltungsgebäude der DAG-Sprengstoffwerke, heute als Wohnhaus in Privatbesitz. Das Fachwerk in historisierenden Gefügeformen mit steilem Satteldach und Gaubenbesatz. Der Grundriß war dem Zweck entsprechend durch eine offene Eingangshalle gegliedert und in zahlreiche kleine Büros unterteilt. Das Gebäude ist Teil der planmäßig angelegten Haartsiedlung und steht aus bau- und zeitgeschichtlichen Gründen unter Denkmalschutz.
Um einen Hof angeordnete vierteilige Anlage aus miteinander verbundenen Wohnhäusern, errichtet 1939 -1941 im Rahmen der Wohnungsbeschaffung für Angestellte der DAG-Rüstungsbetriebe Allendorf. Die eingeschossigen Putzbauten sind mit Sandsteingewänden als Schmuck der Hauptzugänge ausgestattet; die ausgebauten Dachgeschosse sind als Fachwerk in historisierendem konstruktivem Holzgefüge ausgeführt. Teil der Haartsiedlung, die im Heimatstil des Dritten Reiches im Sinne einer "Blut- und Bodenarchitektur" vor allem in der "Stuttgarter Schule" unter dem Architekten Paul Schmitthenner konzipiert wurde.
Im Auftrag des Oberkommandos der Reichswehr zeigte eine durch das Heereswaffenamt bis 1934 erstellte Bestandsaufnahme, daß die vorhandenen Produktionsanlagen des Deutschen Reiches für die Pulver, Sprengstoff und Munitionsversorgung nicht den Anforderungen eines Krieges entsprechen würde. Die Reichsführung ordnete an, aus strategischen Gründen Neubauprojekte nur außerhalb der industriellen Ballungsgebiete im strukturschwachen mitteldeutschen Raum zu errichten, da diese Gebiete als sicher gegen Luftangriffe und Erdkämpfe galten. Das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) beauftragte 1938 das Heer mit der Durchführung des Rüstungsvorhabens. Dieses sah als geeignetes Gelände das weitläufige Gebiet des Herrenwaldes an, südlich der Ortslage Allendorf. Hier wurde durch das OKW ein rund 1.000 Hektar großes Gelände im Bereich der Gemeinden Allendorf, Niederklein und Langenstein zum Teil zwangsweise in Besitz genommen. Es sprachen allerlei Gründe gegen einen Standort Herrenwald, beispielsweise das Fehlen einer Wasserstraße, die für An- und Abtransport sowie die Abwasserbeseitigung benötigt wurde. Auch die Versorgung mit Frischwasser, Strom und Kohle als Energieträger war nur kostenträchtig zu bewerkstelligen. Letztendlich gaben aber die Standortvorteile in Form der abgeschiedenen Lage, der als günstig beurteilten Arbeitsmarktsituation und der guten Tarnnöglichkeiten den Ausschlag.
Das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) erteilte dem Oberkommando des Heeres (OKH) Weisung, auf einer Fläche von rund 530 Hektar eine Trinitrotoluolfabrik mit Bomben- und Granatenfüllstelle im Herrenwald ("Werk Allendorf") westlich der Main-Weser-Bahn zu errichten. Für das Gelände östlich der Bahnlinie ("Werk Herrenwald") wurde das Oberkommando der Kriegsmarine (OKM) angewiesen, auf einer Fläche von rund 450 Hektar eine Hexanitrodiphenylamin-Fabrik mit Füllstellen für Minen, Torpedos und Seezielbomben aufzubauen.
Das OKH bestimmte die MONTAN Industriewerke GmbH, Berlin als Eigentümerin und Bauherrin. Den Planungs- und Bauauftrag erhielt die Firma Dynamit-Aktien-Gesellschaft, vormals Alfred Nobel & Co., kurz DAG, Troisdorf. Die DAG hatte für derartige Bauaufträge eine zentrale Planungs- und Bauabteilung in Geesthacht bei Hamburg. Die Mittel in Höhe von mindestens 220 Millionen Reichsmark stellte die DAG zur Verfügung. Nach Fertigstellung einzelner Anlagen wurden diese durch das OKH abgenommen, inventurmäßig überprüft und nach Auszahlung der DAG der MONTAN als Treuhänderin übergeben. Die MONTAN verpachtete die übergebenen Anlagen an die Gesellschaft zur Verwertung chemischer Erzeugnisse (Verwertchemie), einer Tochtergesellschaft der DAG. Diese Konstruktion gewährleistete, daß die Gewinne sowohl aus dem Bau der Rüstungsfabrik als auch aus dem Betrieb der Werke dem Rüstungskonzern DAG zuflossen. Anteilseigner der DAG mit 61% war die I.G. Farbenindustrie AG mit Sitz in Frankfurt. Das Risiko eines Verlustes der Anlagen durch Kriegseinflüsse allerdings verblieb beim Deutschen Reich.
Mit der Planung und Bauherrnschaft des Sprengstoffwerkes Herrenwald beauftragte das Oberkommando der Kriegsmarine (OKM) die Firma Westfälisch-Anhaltische Sprengstoff AG, Berlin (WASAG). Eigentümer wurde der Reichsfiskus Kriegsmarine. Die WASAG plante vor Ort mit einer eigenen Bauabteilung, die auch Architekturbüros der Umgebung miteinbezog. Dieses Verfahren führte dazu, daß zum Ende des Krieges von den geplanten vier Sprengstoffproduktionsgruppen erst zwei fertiggestellt waren. Die WASAG mit Sitz in Reinsdorf bei Wittenberg wurde 1921 von den Aliierten als alleiniger Sprengstoffhersteller der Reichswehr zugelassen. Im Laufe der 30er Jahre übernahm ähnlich wie bei der DAG die I.G. Farbenindustrie auch hier die Aktienmehrheit, so daß die deutsche Sprengstoffherstellung als Monopol in der Händen dieser einen Firma lag. Zwischen 1938 und 1942 wurde durch die Reichsbahn ein leistungsfähiges Schienennetz mit Personen- unnd Güterbahnhof erstellt. Baubeginn der beiden Werke, die von der Reichsführung in die höchste Dringlichkeitskategorie eingestuft wurden, war für das DAG-Gelände 1938, die WASAG startete ein Jahr später.
Grobe Schätzungen gehen von insgesamt ca. 25.000 eingesetzten Bauarbeitern aus. Diese wurden durch Dienstverpflichtung und im Rahmen des Reichsarbeitsdienstes RAD rekrutiert. Auch der Einsatz von 3.000 russischen Kriegsgefangenen ab Dezember 1941 im Werk Allendorf ist belegt. Zwei TNT-Produktionsbereiche der DAG waren Mitte 1941 betriebsbereit. Die Gesamtproduktion lag zu diesem Zeitpunkt bei 7.500 t pro Jahr, das waren ca. 5% der gesamten deutschen TNT-Produktion. Durch Inbetriebnahme einer dritten Gruppe und verbesserte Produktionsverfahren wurde der TNT-Ausstoß bis Mitte 1944 auf 5.350 t pro Monat gesteigert, das waren ca. 25% der deutschen Gesamtfertigung.
Die Produktion von Hexanitrodiphenylamin (Hexa) im Bereich der WASAG begann bereits im September 1940. Hier wurden bis Januar 1945 etwa 6.000-7.000 t hergestellt. Produktionsschwerpunkt des Werkes Herrenwald war jedoch die Verarbeitung von Sprengstoff. Es wurden als maximale Kapazität 4.000 t pro Monat verarbeitet. Diese Zahlen belegen, daß die Munitionsfabrik in Allendorf mit Abstand die größte Anlage ihrer Art in Deutschland war.
Insgesamt wurden 413 feste Gebäude errichtet, davon dienten 168 der Produktion. Im Allgemeinen waren die Bauten als standardisierte Stahlbetonoder Stahlbetonskelettkonstruktionen errichtet. Der obere Abschluß wurde zum Zweck der Tarnung als Flachdach mit Erdaufschüttung und Bepflanzung durch immergrüne Sträucher und Bäume ausgeführt. Die massiven Stahlbetonrahmen waren in Leichtbauweise mit Bims- oder Ziegelmauerwerk ausgefacht. Diese vordefinierten Schwachstellen gaben bei Explosionen als erste der Druckwelle nach, ohne daß es zu größeren Schäden an der Tragkonstruktion kam. Die hohen Erdwälle, die um die Gebäude herum angelegt waren, dienten dazu, bei Explosionen die Druckwelle nach oben umzulenken und somit umstehende Gebäude zu schützen.
Der Aufbau und die Produktion dieses größten deutschen Sprengstoffwerkes war insbesondere während des Krieges allein durch den Einsatz von deutschen Arbeitskräften nicht zu bewerkstelligen. Bereits 1939 wurden aus der näheren und weiteren Umgebung Arbeitskräfte dienstverpflichtet. 1941 sind 17.000 Bauarbeiter beschäftigt. In der Zeit zwischen 1939 und 1945 sind insgesamt etwa 11.000 Personen ausländischer Nationalität beschäftigt gewesen. Die Unterbringung und Behandlung sowie die Arbeits- und Lebensbedingungen der ausländischen Arbeiter waren deutlich schlechter als die der deutschen. Dabei wurden die einzelnen Nationalitäten entsprechend der nationalsozialistischen Rassenlehre noch weiter abgestuft. Die sogenannten Ostarbeiter, Frauen und Männer aus Polen und Rußland, waren am schlechtesten gestellt. Auch Kriegsgefangene und Häftlinge aus Zuchthäusern und Gefängnissen waren unter permanenter Bewachung zur Arbeit zwangsverpflichtet, darunter auch 3.000 russische Kriegsgefangene. Eine letzte Gruppe stellten die 1.000 ungarischen Jüdinnen, die als Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald im Außenlager Münchmühle zur Arbeit abkommandiert waren. "In keiner Statistik aufgeführt sind die Kriegsgefangenen und Arbeiter, die beim Bau der Werke durch Betriebsunfälle oder Erschöpfung ums Leben kamen. Es besteht der begründete Verdacht, daß es mehr sind als die 123 russischen Kriegsgefangenen, derer mit dem Gedenkstein auf dem alten Judenfriedhof gedacht wird. Nicht bekannt ist die Zahl der Arbeiterinnen und Arbeiter, die durch den Umgang mit den giftigen Vor-, Zwischen- und Fertigprodukten der Sprengstoffproduktion gestorben oder dauerhafte gesundheitlichen Schäden erlitten." (Wolff, H.-J., Die Allendorfer Sprengstoffwerke DAG und WASAG)
Das Ende des Krieges erlebte Allendorf am 30. März 1945. Amerikanische Truppen nahmen die Stadt und die beiden Munitionswerke ohne nennenswerten Widerstand ein. Der durch Hitler persönlich ausgegebene Befehl, bei Herannahen der Front die Betriebe zu zerstören, wurde durch die Allendorfer Betriebsführer ignoriert. Man hatte vorher lediglich in den Kraftwerken einige Steuerungs- und Meßarmaturen ausgebaut, so daß ein Weiterführen der Anlagen für kurze Zeit verhindert war. In Umsetzung der Potsdamer Beschlüsse stuften die Aliierten die beiden Munitionsfabriken als "kriegswichtige Anlage" ein und erklärten sie zu "Ausbau- und Zerstörungsbetrieben". Im Zuge der Entmilitarisierung wurden im DAG-Werk 129 Gebäude, davon 74 aus dem Fabrikationsbereich, im WASAG-Werk 55 Gebäude, davon 23 Fabrikationsgebäude und 32 Munitionsbunker gesprengt. Die Sprengungen waren am 17. November 1948 abgeschlossen. Entgegen der ursprünglichen Absicht der Militärregierung, sowohl den Tarnbewuchs als auch die Erde auf den Flachdächern entfernen zu lassen, tragen viele Gebäude bis heute diese Begrünung. Allerdings sind die Erdwälle und Anschüttungen bis auf wenige Ausnahmen abgetragen worden. Zwischen dem Baubeginn von "Barbara I und II" (das waren die Decknamen, unter dessen Bezeichnung die Werke errichtet wurden) und dem Ende der Demontage waren gerade zehn Jahre vergangen. In dieser Zeit war nahezu ein Fünftel des deutschen TNT-Sprengstoffes in Allendorf produziert worden. Obgleich die Alliierten seit 1941vom Bestand einer Munitionsfabrik wußten, war sie doch nicht Ziel von entschiedenen Luftangriffen, da sich die Angriffe bevorzugt auf die Grundstoffindustrie und die Verkehrsanlagen konzentrierte, mit dem Ergebnis, daß ab Sommer 1944 die Produktionszahlen in Allendorf wegen Rohstoffmangels auf ca. ein Drittel absackten.
Nach dem Krieg konnte erst ab 1954 mit der Gründung der Aufbaugesellschaft Allendorf GmbH die geregelte Verwertung der vorhandenen Gebäudesubstanz einsetzen, die dann in der Folge zu einem Boom bei der Industrieansiedlung und Schaffung von Arbeitsplätzen führte. Stadtallendorf entwickelte sich so vom "Armenhaus des Kreises" zum größten Industriestandort zwischen Marburg und Kassel. Bis auf wenige Ausnahmen sind heute alle noch erhaltenen Gebäude des ehemaligen Werkes der DAG wieder in Benutzung. Das Gelände der WASAG wird bis auf die Bauten aus der Gruppe Logistik von der Bundeswehr belegt.
Das Landesamt für Denkmalpflege Hessen wählte einige wenige Gebäude der ehemaligen Sprengstoffwerke der DAG und der WASAG aus und stellt sie im Sinne des § 2 HDSchG i. d. F. vom 5.9.1986 als schützenswerte Sachgesamtheit unter Denkmalschutz. Dabei wurden die Gebäude stellvertretend aus unterschiedlichen Gruppen bestimmt, die den Bereichen Logistik, TNT-Herstellung, Säureverarbeitung sowie TNT-Abfüllung und Fertigmachung zuzuordnen sind. Begründung für die Auswahl ist der hohe dokumentarische Wert der Bauten. An ihnen lassen sich z.B. typische Produktionsabläufe schildern, die während der Nazi-Herrschaft in großem Umfang durch Zwangsarbeiter verrichtet wurden, deren Gesundheit durch den Umgang mit aggressiven Substanzen rücksichtslos auf Spiel gesetzt wurde. Die unter konservatorische Obhut gestellten Verwaltungs und Wachgebäude sollen als bauliches Zeugnis die Erinnerung an eine in der deutschen Geschichte bisher nicht dagewesene Zerstörung menschlicher Werte durch ein totalitäres Regime wachhalten. An der Erhaltung der Gebäude besteht nach § 2 HDSchG aus geschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Aus dem Bereich Logistik werden die Gebäude, die dazu dienten, den eigentlichen Herstellungsprozeß durch Dienstleistungen wie Verwaltung, Bewachung, Versorgung zu ermöglichen, zusammengefaßt. In der Regel sind diese Gebäude heute mit neuen Nutzungen besetzt, ihre Bausubstanz ist meist nur geringfügig verändert. Die Gebäudenumerierung folgt dem Situationsplan Gebäudealtbestand im DAG-Gelände, Umweltzentrum der Stadt Stadtallendorf, Stand: September 1989, beziehungsweise dem Situationsplan WASAGGelände Stadtallendorf, Bürgerbeteiligungsbüro Rüstungsaltstandort Stadtallendorf.
Bei der Herstellung von TNT-Sprengstoff (Trinitrotoluol) dienten außer Toluol das von anderen chemischen Werken bezogene Mononitrotoluol als Ausgangsverbindung. Die Überführung des Toluol bzw. Mononitrotoluol über das Dinitro- und Trinitrotoluol verlangt ein hochkonzentriertes Salpeter-/Schwefelsäuregemisch, die Nitriersäure. Erst nach mehreren Durchläufen und Waschvorgängen erhält man das symmetrische Tri, auch als 2.4.6.-Trinitrotoluol bezeichnet, das als eigentlicher beständiger Sprengstoff in Betracht kommt. TNT ist unempfindlich gegen Stoß und Schlag und hat eine hohe Zündtemperatur, kann daher geschmolzen und gepreßt werden. Der Nitriervorgang allerdings ist äußerst sicherheitsempfindlich, da bereits Temperaturerhöhungen von wenigen Grad zu einer Verpuffung führen können. In einem Nitriervorgang wurden 4.000 kg Sprengstoff hergestellt, so daß eine mögliche Explosion folgenschwere Auswirkungen auf die Mitarbeiter und die umliegenden Ortschaften gehabt hätte.
Die Säurebetriebe hatten die Aufgabe, die bei der Mono- und Dinitrierung anfallenden großen Mengen an Abfallsäure zur besseren Rohstoffausnutzung wiederaufzubereiten. Bei diesem Verarbeitungsprozeß fielen saure, mit Nitrokörpern verunreinigte Abwässer an, die unzureichend gereinigt einfach in benachbarte Bachläufe geleitet wurden. Der letzte Schritt in der Säureverarbeitung erfolgte in der Spaltanlage, wo die entstandenen Zwischenprodukte zu reinen Rohstoffen für einen neuen Durchlauf verarbeitet wurden. In den Sprengstoffverarbeitungsbetrieben wurden Bomben- und Granatenhüllen unterschiedlicher Größe und Kaliber gefüllt. Für das Befüllen der Granaten, einer schweren, gesundheitsschädigenden Arbeit wurden ab August 1944 jüdische Frauen aus Ungarn als Zwangsarbeiterinnen eingesetzt. Sie kamen aus dem Konzentrationslager Auschwitz über Buchenwald nach Allendorf und wurden von der SS-Hauptverwaltung der DAG als Arbeitssklaven "vermietet".
WASAG-Gelände
Logistik
Die Verwaltungs- und Wohngebäude für den Betriebsleiter und die höheren Angestellten befinden sich westlich außerhalb des eigentlichen Werkgeländes vor dem Tor I an der Niederrheinischen Straße.
Niederrheinische Straße 8Hauptverwaltung WASAG Allendorf, GebäudeNr. 3284, Flur 39, Flurst. 48/328
Tripizstraße 1, Wohnhaus Betriebsleiter, Gebäude-Nr. 3351, Flur 39, Flurst. 48/469
(Abbildungen und Beschreibung siehe Gesamtanlage Tirpitzstraße)