Die Benediktinerinnen-Abtei führt die Tradition des von der hl. Hildegard 1165 besiedelten, nach 1803 aufgehobenen Klosters Eibingen fort. Die Idee einer Neubelebung, initiiert durch den Limburger Bischof Blum, konnte aufgrund einer Stiftung des Fürsten zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg verwirklicht werden. Architekt: Pater Ludger Rincklage aus Maria Laach. Grundsteinlegung 1900 durch den Beuroner Erzabt, 1904 Besiedlung durch Benediktinerinnen aus der Abtei St. Gabriel in Prag, dem ersten Frauenkloster der Beuroner Kongregation, 1908 Erhebung zur Abtei und Kirchweihe. 1918-1939 Fertigstellung des Ostflügels mit Noviziatstrakt und Kapitelsaal. 1941 Enteignung und Ausweisung der Nonnen, im Zweiten Weltkrieg Lazarett, nach 1945 Rückerstattung und zunächst Flüchtlingsunterkunft. Seit 1974 Einrichtung einer Restaurierungswerkstatt für kirchliche Archivalien. 1988 Tochtergründung in der ehemaligen Zisterzienser-Abtei Marienrode bei Hildesheim (Niedersachsen) durch Eibinger Schwestern.
Baukomplex in exponierter, weithin sichtbarer Hanglage hoch über Eibingen und Rüdesheim inmitten ausgedehnter Weinberge. Die durch ihre wuchtig-schlichten, neuromanischen Formen eindrucksvollen Gebäude sind ganz aus örtlichem, von Quarzit durchsetztem Sandstein errichtet, alle Dächer schiefergedeckt. Aus der Einheitlichkeit des Materials ergibt sich die geschlossene Gesamtwirkung.
Abteikirche St. Hildegard
Erbaut nach Vorbild einer romanischen Basilika mit mächtiger Doppelturmfassade. Zweischiffig, aus Haupt- und südlichem Seitenschiff mit Halbkreisapsis und nördlichen Anbauten, großer rechteckiger Nonnenchor. Innenraum mit holzverkleideter Flachdecke. Ausstattung in konsequent durchgeführtem, hierarchisch strengem Beuroner Kunststil. Ausmalung 1907-1913 durch P. Paul Krebs aus Kloster Beuron (Schüler von P. Desiderius Lenz).
Eines der bedeutendsten noch erhaltenen Werke der Beuroner Kunstschule, die in der Stilisierung der Figuren, der Farbigkeit und der Verwendung von Goldgründen bewusst byzantinische, auch ägyptische Elemente aufgreift. In der Apsis Christus als Pantokrator über einem Lämmerfries und Engelsgestalten. Am Chorbogen die Stadt Gottes, darunter die Heiligen Benedikt und Scholastica als Begründer des Benediktinerordens. Diese führen Prozessionszüge heiliger Männer und Frauen auf den Seitenwänden an. Dort außerdem Heilsgeschichten des Alten und des Neuen Testaments. In den Bogenfeldern der nördlichen Seitenwand Szenen aus dem Leben der hl. Hildegard. Im Seitenschiff die hl. Hildegard und weitere heilige Frauen. Nach 1961 Veränderungen des ursprünglichen Zustandes im Altarraum und im Nonnenchor aufgrund veränderter Liturgie; Ausmalung des Nonnenchores weiß übertüncht; moderne Orgel.
Weitere Klostergebäude um zwei Höfe gruppiert, dreigeschossig, mit überwiegend kleinformatigen, oft gekuppelten Rundbogenfenstern. Gemeinschaftsräume in handwerklich anspruchsvoller Ausstattung. Bibliothek mit ausgemalten Kreuzgewölben (Nachfolge des Beuroner Stils), dreischiffiger Kapitelsaal mit Kreuzgewölben, Refektorium mit hölzerner Flachdecke, Holzvertäfelung und modernem Wandfresko. Durchweg hochwertig ausgeführte Böden mit Mosaik- und Steinbelägen. Geschlossene Kreuzgänge mit teilweise farbigen bleiverglasten Fenstern.
Nach Westen niedrigere Wirtschaftsgebäude. Das Klostergelände einschließlich der landwirtschaftlich genutzten Freiflächen von einer Mauer umgeben.
Neben den besonderen geschichtlichen Wert als noch belebtes Kloster in ungebrochener Tradition zur Gründung der hl. Hildegard tritt die landschaftsprägende Wirkung mit Sichtbeziehungen zu den wichtigen historischen Landmarken der Umgebung, Schloss Johannisberg (ebenfalls eine benediktinische Klostergründung) und Rochuskapelle bei Bingen.
Zwischen Rheinuferstraße, Neugasse, Weinbergslage und Aufgang zur Seilbahn.
Am alten Bahnhof
Bahnhofstraße
Dreikönigstraße
Frankenthalstraße 1-9
Höllenbergstraße
Kleine Rheingasse
Lorcher Straße 1-7 (Westseite), 2-8 (Ostseite)
Niederwaldstraße 1-55 (Nordseite), 2-32 (Südseite)
Poststraße
Rheingasse
Rheinstraße 1-10
Das heutige Assmannshausen zeigt das Bild einer seit der 2. Hälfte des 19. Jh. durch Verkehr und Tourismus umgeformten Ufersiedlung. Der traditionelle Weinbau manifestiert sich weniger in den Gebäuden selbst als in den landschaftsbestimmenden Rebhängen. Nachdem „Brände bis in die Neuzeit ... im Verein mit den Auswirkungen des Fremdenverkehrs dem ursprünglich malerischen Winzerort viel seines Reizes genommmen (haben), ist der Bestand an historischen Gebäuden unverhältnismäßig gering." (Inv. 1965).
Im höhergelegenen alten Ortskern um die Kirche ist die durch die Topographie geprägte, gedrängte Struktur des ehemaligen Winzerdorfes weitgehend erhalten, jedoch bietet sich im Inneren ein seit dem frühen 19. Jh. vollständig gewandeltes Straßenbild. Jüngere Ersatzbauten nehmen teilweise die Umrisse ihrer Vorgänger auf. Die zunächst in einfachen, dann historisierenden Formen errichteten Bauten des Gastgewerbes werden zunehmend dekoriert. Einige der hier seit den 1920er Jahren im Dienste der Ortsverschönerung entstandenen, traditionelle Motive aufgreifenden Holzschnitzereien gehen auf den Frankfurter Bildhauer Johann Josef Belz zurück. Jüngere Dekorationen erreichen bei weitem nicht das gleiche Niveau. Die gegenwärtig ausufernde Material- und Formenvielfalt der Fassadenapplikationen bedingt, trotz der Geschlossenheit der Bebauung, eine unruhige, uneinheitliche Gesamtwirkung und damit einen fortschreitenden Verlust an Ortsbildqualität.
Durch die Bahnlinie und weitere Abbruchflächen räumlich und optisch vom Ortskern abgetrennt ist die langgestreckte Uferfront mit ihren auf Repräsentation ausgerichteten Hotelbauten und einstigen Villen, die allerdings nicht alle den gleichen Erhaltungszustand bzw. vereinzelt unvorteilhafte moderne Veränderungen zeigen. Die zum Rhein ausgerichtete Schauseiten mit ihren hellen Putzflächen, dunklen (Schiefer-)Dachflächen und variierten Giebelformen ergeben in ihrer Gesamtheit vor der Kulisse der zwar flurbereinigten, jedoch durch Wege und Hecken strukturierten Rebhänge ein aufgelockertes, die Proportionen wahrendes, ansprechendes Bild. In starkem Gegensatz dazu steht die der Bahn zugewandte Rückseite dieses Quartiers mit Nebengebäuden und einfachen bis schlichten Wohnhäusern, die wohl ehemals hauptsächlich der Unterbringung des Hotelpersonals dienten. Der teilweise Ersatz kleiner Hofreiten des 18. Jhs. durch eine höhere „städtische" Blockrandbebauung des späten 19. Jhs. führte hier zu einer uneinheitlichen Struktur.
Einzelbereiche:
Am alten Bahnhof: abbruchbedingte Freifläche parallel zu den Bahngleisen. Der bereits 1892 durch einen Neubau außerhalb des Ortes ersetzte alte Bahnhof wurde 1974 abgebrochen. Bescheidene Bebauung des späten 19. Jh. an der Westseite. Verbindung zur Rheinstraße: ehemals Neugasse. Am alten Bahnhof 1 ehemalige Schule von 1882.
Bahnhofstraße (Frankenthalstraße), ehemals Binger Straße, Oberstraße: Beidseitig parallel der Bahngleise, entstanden nach dem Bahnbau; Bebauung überwiegend spätes 19. Jh.
Dreikönigstraße: Alte, zum Rhein führende, gewundene Gasse, durchschnitten von den Bahngleisen.
Dreikönigsplatz: dreieckiger Platz am Schnittpunkt mehrerer Straßen. Gestaltung von 1909 mit Platzfassung, Gefallenenehrenmal und platzbeherrschender Trauerweide.
Höllenbergstraße zur Weinbergslage Höllenberg führend. Nahe der Kirche Bebauung seit der 2. Hälfte des 19. Jhs.
Kleine Rheingasse. Schmale, zum Rhein führende alte Gasse. Heutige Bebauung nach dem Bahnbau entstanden.
Lorcher Straße, alte Landstraße nach Lorch, frühe Ortserweiterung. Nahe dem Ortskern sind noch überformte Reste alter Bausubstanz (Fachwerk) erkennbar.
Niederwaldstraße, ehemals Pfarr-Straße/aufm Markt/im Oberdorf. Alte, zum Großen Tor und zum Rhein führende, den Ortskern durchquerende und als Landstraße nach Aulhausen führende Straße. Westlicher Teil von Bahngleisen durchschnitten. In der Ortsmitte platzartig erweitert (ehemals Markt). Nach Osten, in Richtung Aulhausen, Ortserweiterung des späten 19. Jh. durch traufständige, geschlossene Bebauung auf gleichartigen Parzellen, hier am Hang gestaffelt. An der Südseite der Aufgang zur Niederwald-Seilbahn.
Rheinstraße, Rheinuferstraße, Rheinallee, Uferstraße: jetzt Landstraße. Seit dem Ausbau als Hauptverkehrsader 1860 entstanden hier Hotels, Villen und auch öffentliche Bauten wie das Rathaus; in einigem Abstand nördlich davon die ehemaligen Kurhäuser. Auf dem durch den Verlauf der ehemaligen Eismauer vorgegebenen historischen Ortsrand bilden die teilweise recht voluminösen Gebäude mit dazwischengesetzten niedrigeren Anbauten eine zusammenhängende Front, die sich nach Norden, in einem ehemaligen Gartengebiet, in Einzelbauten zwischen größeren Grün- und Freiflächen auflöst. Die ab etwa 1860 zunächst in schlichten, spätklassizistischen Formen errichteten Gasthäuser wurden vielfach vergrößert, verändert und dem jeweiligen Zeitgeschmack angepasst. Dominant wirkt der aus unterschiedlichen Bauten zusammengesetzte, einheitlich gestaltete Komplex des Hotels Krone. Ein charakteristisches, reizvolles und erhaltenswertes Element sind die vorgesetzten Glyzinien- und Weinlauben, die bislang (im Gegensatz zu Rüdesheim) noch nicht durch feste Bauten ersetzt wurden. Einige prägnante Einzelbäume vervollständigen das Bild. Am Südende moderne Wegkapelle als Ersatz eines älteren Bauwerks (siehe „nicht erhaltene Bauten").
Am alten Bahnhof, Am Rathaus, Augustinsweg, Neugasse, Poststraße, Rheingasse: Jüngere, daher geradlinige Verbindungsstraßen zwischen Bahnstrecke und Rheinuferstraße. Bebauung seit dem späten 19. Jh.
Trotz der durchgreifenden Wandlung des Ortsbildes zeigt Assmannshausen in seiner Gesamtheit noch das Bild einer sich in die Kulturlandschaft des Rheintals fügenden Siedlung, der die bestimmenden Faktoren Weinbau und Fremdenverkehr ein eigenes Gepräge gegeben haben. Gleichzeitig bietet der Ort das Anschauungsbeispiel für die widersprüchlichen Auswirkungen einer – hier schon fast zwei Jahrhunderte lang währenden und damit selbst zum historischen Fakt gewordenen – Entwicklung vom Winzer- zum Fremdenverkehrsort.
Gesamtanlage aus landes- und kulturgeschichtlichen Gründen.
Adolf-Kohl-Platz
Friedrichstraße 11-17, 18-28
Kaiserstraße 5
Bezirk innerhalb der ab etwa Mitte des 19. Jhs. entstandenen großflächigen Stadterweiterung östlich der durch die Grabenstraße begrenzten Altstadt. Hierher war zunächst 1826 der Friedhof ausgelagert worden. Der überwiegende Teil der umgebenden Bauten entstand kurz vor und um 1900. In diesem durch sein rechtwinkliges Straßenraster gekennzeichneten Quartier lag um 1880 der Friedhof noch am östlichen Rand. Nach erneuter Verlagerung des Friedhofs in Richtung Geisenheim 1887 wurde der rechteckige, nach Süden leicht abfallende Platz als Grünanlage mit geometrischen Wegen gestaltet und mit einer niedrigen, durchbrochenen Bruchsteinmauer umgeben; die Eingänge durch Pfosten mit Kugelaufsätzen betont. Störungen durch unschöne moderne Zweckbauten und Veränderungen, die Anlage jedoch noch zu erkennen und rekonstruierbar; Pflanzungen und Bäume teilweise erhalten. Der Platz wurde nach Adolf Kohl, Pfarrer in Rüdesheim von 1900 bis 1931, benannt.
An der Friedrichstraße entstand um 1900 gegenüber der Justus-Alberti-Schule eine geschlossene, traufständige Wohnbebauung von zwei Geschossen. Einheitliche Trauf-, Geschoss- und Fensterhöhen ergeben ein ruhiges Gesamtbild der durch zeittypische Zierelemente leicht variierten Fassaden. Die Trauflinie wird durch Giebelzwerchhäuser rhythmisch unterbrochen. Auch die etwas später entstandene östliche Bebauung mit Mansarddächern zeigt ähnliche Proportionen.Um den Adolf-Kohl-Platz ist stellenweise noch alte Straßenpflasterung erhalten, auf den Bürgersteigen reizvolles Kleinmosaik-Pflaster.
Gesamtanlage Altstadt innerhalb des ehemaligen Mauerrings, begrenzt durch: Rheinufer, Grabenstraße, Oberstraße (einschl. Bebauung an Nord- und Westseite) und Auf der Ringmauer, einschließlich:
Adlerplatz
Amselstraße
Bergstraße
Bienengarten
Burgstraße
Christophelstraße
Drosselgasse
Hahnengasse
Kellerstraße
Kirchstraße
Kleine Grabenstraße
Kleine Hahnengasse
Kleine Niederstraße
Klunkhardshof
Krummstraße
Leinpfad
Löhrstraße
Marktplatz
Marktstraße
Mosesstraße
Niederstraße
Oberstraße
Rheinstraße
Rosenstraße
Sackgasse
Schifferstraße
Schmidtstraße
Steingasse
Zur Entwicklung und historischen Bedeutung siehe Ortsgeschichte Rüdesheim.
Durch die Topographie von Berghang und Fluss vorgegeben ist die Fläche der Siedlung in Form eines langgezogenen Dreiecks, in dem Vorderburg, Kirche und Marktplatz das Zentrum bilden. Die Vorderburg ist als einzige der drei erhaltenen Rüdesheimer Burgen Bestandteil des alten Siedlungskerns. Brömser- und Boosenburg liegen außerhalb des mittelalterlichen Mauerrings.
Im östlichen Kernbereich findet sich ein im Prinzip rechtwinkliges Gassennetz, aus dem sich nur der Bezirk der Vorderburg als geschlossene Rundstruktur abhebt. Westlich davon, zwischen den an Hang und Fluss orientierten Hauptwegen Ober- und Rheinstraße, bildet eine Vielzahl kleiner, senkrecht dazu verlaufender Verbindungsgassen ein schmales Streifenraster (vergl. auch Lorch).
Innerhalb des Kerngebietes zeichnen sich Bereiche unterschiedlichen Charakters ab. In der eng bebauten Altstadt überwiegt eine kleinteilige, zwei- bis dreigeschossige Wohnbebauung mit geschlossenen Straßenzügen bzw. Blockrändern. Westlich davon reihen sich, besonders an der Oberstraße und um die Niederburg, zahlreiche umfangreichere Adelshöfe auf. Die ehemals außenliegende, freie Fläche um Brömser- und Boosenburg besteht aus Weingärten. Die Rheinstraße hebt sich durch ihre überwiegend jüngere, großmaßstäblichere Bebauung ab.
Nach starken Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wurde die vorhandene Straßen- und Bebauungsstruktur beibehalten und Neubauten weitgehend dem örtlichen Maßstab untergeordnet. Der Wiederaufbau des Marktplatzes nach 1949 (Nord- und Ostseite) orientierte sich an der vorherigen Substanz, ohne diese zu kopieren, und entwickelte daraus eine gewisse Eigenqualität, die jedoch nicht überall gleichermaßen durchgehalten wurde.
Im ganzen Altstadtgebiet lassen sich bei jüngeren Bauten noch im Bereich von Kellern, Grundmauern und Erdgeschosszone historische Reste oder integrierte Spolien finden.
Einen tiefgreifenden Wandel brachte das von der Drosselgasse ausgehende, ausufernde Gastgewerbe. An die Stelle bescheidener Wohn- und Wirtschaftsgebäude trat – wie auch in Assmannshausen – seit Beginn des 20. Jhs. eine neue Tourismus-Architektur, die durch zunächst handwerklich durchaus anspruchsvolle, jedoch klischeehafte Fassaden und pseudohistorischen Zierrat versuchte, einen Rahmen für das auf Rhein-Romantik eingestellte Publikum zu bieten. Leider wurden von dieser Welle auch einige der bauhistorisch wertvollen Bauten erfasst und optisch abgewertet.
Einzelne Straßen und Plätze:
Amselstraße: Eine der Parallelgassen im frühen Stadterweiterungsgebiet. Neuere Straße zum nach 1928 entstandenen Hotelkomplex Lindenwirt.
Burggasse: Ehemals schmale Wegeverbindung durch den Bienengarten, jetzt störende Aufweitung als Parkplatz an der Niederburg.
Christophelstraße: Eine der Parallelgassen im frühen Erweiterungsgebiet; Bebauung überwiegend 19. Jh., teilweise reizvoll. Christophelstraße 6: 1874.
Drosselgasse: (siehe auch Ortsgeschichte). Schmale Gasse im frühen Erweiterungsgebiet. Ehemals kleine Wohn- und Wirtschaftsbauten mit durch Mauern abgeschlossenen Höfen. Nach weitgehender Umstrukturierung Zentrum des Fremdenverkehrs.
Grabenstraße: Fast geradliniger Verlauf; ehemaliger Stadtgraben vor der östlichen, nicht erhaltenen Stadtmauer zwischen ehemaligem Eibinger Tor und Adlerturm. Überwölbung nach 1850, Bebauung seit Mitte des 19. Jhs. Durchsetzt mit modernen Bauten; kein einheitliches Bild. An der Westseite teilweise keine geschlossene Randbebauung; das ehemalige Gartengelände (Schießgarten) zwischen Graben und Stadtmauer wurde erst nach und nach bebaut. Die Straße bildet eine erkennbare Zäsur zwischen der Altstadt und den östlichen Erweiterungsgebieten.
Hahnenstraße: früher Straße nach Geisenheim, ehemals mit Stadttor (Geisenheimer Tor). Vor dem Ausbau der Rheinstraße als Landstraße wichtiger Verkehrsweg. An der Südseite, zwischen Marktstraße und Mosesgässchen, alte Mauerreste in die Bebauung integriert (Rückgebäude von Rheinstraße 27 und 29). Bis auf abbruchbedingte Lücken geschlossene Bebauung, im Osten aus dem 19. Jh. stammend. Ehemals befand sich gegenüber die Ruine eines großen Gebäudes, in der Umfassungsmauer paarige Fenster in gekehltem Gewände, Ende 16. Jh., vielleicht das alte Hospital.
Kirchstraße: ehemals Karnergasse nach dem Beinhaus an der Pfarrkirche; hier lag bis 1826 der Friedhof. Verbindung zwischen Altstadt und Vorstadt, überwiegend jüngere Bebauung (19./20. Jh.).
Kleine Grabengasse: folgt halbkreisförmig der vormaligen Ringmauer bzw. dem Graben der Marktburg.
Klunkhardshof: im 16. Jh. In den Hellen, vor 1780 Hölle, Standort eines Ziehbrunnens. Die gebogene Form folgt (wie die Kleine Grabengasse) der früheren Ringmauer bzw. dem Graben der Marktburg.
Krummstraße: teilweise gute Ensemblewirkung. Krummgasse 1: ehemals zusammengezogene Hausgruppe, verputztes Fachwerk, 17./18. Jh.
Löhrstraße: Ehemals Gasse der Löher (Gerber). Löhrstraße 6: Lücke nach Abbruch. Löhrstraße 7: Obergeschoss schlichtes Fachwerk aus dem Anfang des 18. Jh., erbaut zeitgleich mit Löhrstraße 8 als Hofmannshaus. Löhrstraße 10: Steinfragment mit Datum 1710, Wandgemälde.
Marktplatz: 1210 (de foro) genannt. 1520 Nachpflanzung einer Ulme. Etwa dreieckiger Platz. Angrenzend Pfarrkirche und Rathaus, früher auch der sog. Salhof mit dem Großen Haus; nach Süden auslaufend in die platzartig erweiterte Marktstraße als ehemals wichtiger Verbindung zum Rhein. Verlust der barocken Randbebauung durch Kriegsschäden, 1949-1956 Wiederaufbau, nun dreigeschossig. Städtebauliche Fassung der Nord- und Ostseite wiedergewonnen, jedoch keine befriedigende Lösung an der Südwestseite. Nach Abbruch des Großen Hauses (1494) und des Ratskellers (1903) hier eine bisher unbewältigte Situation. Neugestaltung der Freifläche im traditionellen Sinn mit Baumpflanzungen, Brunnen und Pflasterung, fragwürdige Möblierung (Pflanzkübel). Brunnen 1325 genannt. 1902 Stiftung einer „Pankgrafenfigur" für den aus dem 19. Jh. stammenden Marktbrunnen. Nach dem Krieg Ersatz durch modernen Brunnen, dieser 1995 abgelöst durch eine Nachbildung des alten Brunnens. Rathaus von 1929: (Architekten: Krämer & Graf, Frankfurt). Entwurf nicht ohne Qualität, durch jüngere Fassadenbehandlung verändert.
Marktstraße: Südlicher Teil platzartig erweiterte Verbindung zwischen Marktplatz und Rhein (ehem. Markttor). Die kriegszerstörten barocken Häuserzeilen überwiegend durch (um ein Geschoss erhöhte) Bauten seit 1949 ersetzt; Reste alter Substanz erhalten, jedoch teilweise unkenntlich. Hier neu platziert der moderne Marktbrunnen aus den 1960er Jahren. Marktstraße 29: winkelförmiger Eckbau des frühen 18. Jhs., Optik gestört. Marktstraße 30: Lücke nach Abbruch des Vorderhauses, Hinterhaus mit Blendfachwerk ersetzt.
Mosesgasse: Schmale Verbindungsasse zum Rhein, altes Pflaster. An der Westseite Reste der Hospitalmauer mit altertümlichem Holzfenstergewände (16. Jh.), nach Abbruch des Darmstädter Hofs (Rheinstraße 29) 2012 zerstört.
Niederstraße: Verbindung zwischen Oberstraße und Rhein im ehem. Niederburgbezirk. Ersatz des ehem. Wohnhauses Dilthey von 1886 durch Neubau der Post; dieser inzwischen ebenfalls abgebrochen.
Oberstraße: früher Obergasse, Stoltzegasse. Nördlich die Altstadt begrenzend, parallel zum ansteigenden Hang und zur ehemaligen Stadtmauer. Dadurch bedingt der geschwungene, dem Gelände angepasste Verlauf. Möglicherweise hier älteste Siedlungen aus fränkischer Zeit. Im Ostteil geschlossene, kleinteilige Bebauung, im Westen als Standort einer Reihe von Adelshöfen und der Boosenburg Konzentration wertvoller historischer Bausubstanz (siehe Kulturdenkmäler). An der Einmündung Steingasse ehemals das Feldtor, dieses später nach Westen verschoben. Auf den platzartigen Erweiterungen vor dem ehemaligen Kühtor sowie ehem. Am Plan nahe dem Eibinger Tor sammelte sich das Vieh vor dem Austrieb. Weitere Aufweitungen gehen auf Abbrüche und Neubebauung zurück. Verbreiterung durch Abbruch der Wirtschaftsgebäude des Brömserhofes. Im Umkreis der Seilbahnstation Anhäufung touristischer Einrichtungen von minderer Gestaltqualität, die das noch vorhandene Potential der einst reizvoll bebauten Gasse abwerten.
Rheinstraße: Durchgangsstraße (B 42) am Rheinufer, Ausbau 1830. Die meisten Bauten, überwiegend Gasthäuser und Hotels, entstanden nach dem Großbrand von 1883, der einen wichtigen Teil der Rheinfront zwischen Steingasse und Löhrstraße zerstörte. Ältere Bebauung nur in Resten erhalten (Rheinstraße 8, Rheinstraße 24). Die Erdgeschosszone nach Straßenaufschüttung teilweise tieferliegend. Relativ uneinheitliche Erscheinung aufgrund der Höhendifferenzen (2 bis 5 Geschosse). Gestalterische Qualitäten der klassizistischen und gründerzeitlichen Fassaden nach modernen Veränderungen (Materialaustausch, Übermalungen) oft stark gemindert. Einzelne Neubauten; schlecht integrierter Ersatzbau für Darmstädter Hof. Die zugehörigen Wirtsgärten in Form umzäunter Lauben fast durchweg durch moderne, teilweise massive und sehr störende Vorbauten ersetzt, die die Straße einengen und die dahinterliegenden Fassaden verdecken. Eine um 1900 angelegte Baumreihe ist nicht erhalten. Starke Verkehrsbelastung. Der Bahndamm trennt die Stadt optisch und räumlich vom Rheinufer.
Am Rheinufer: ältere und jüngere Uferbefestigung, alte Rampe. Zwei Eisbrecher, am Adlerturm (15. Jh.?) und am Markttor, 1840. Bahndamm, sandsteinverkleidet, mit Durchlässen.
Rheinstraße 27: Hinterhaus mit rundbogigem Kellereingang und verputztem Fachwerkobergeschoss, verändert, wohl 16./17. Jh.
Sackgasse: ehemals Backgasse nach dem Gemeindebackhaus.
Schifferstraße: Weg außen entlang der Stadtmauer. Nach dem Krieg noch erhaltene Stadtmauerteile wurden restlos beseitigt.
Schmidtstraße: Untere Hälfte bis ca. 1830 Hahnengasse. Verbindung zwischen Oberstraße und Rheinstraße, parallel zur ehemaligen Stadtmauer (Rest im Bereich der ehem. Staatsweingüterverwaltung?) Weitgehend Nachkriegsbebauung. Zwischen Hahnen- und Rheinstraße: enge Gasse mit altem Pflaster. Schmidtstraße 13: ehem. Dompräsenz, im 18. Jh. Amtskellerei; dann Domänenkellerei und seither Sitz verschiedener Ämter und des Amtsgerichts (1867-1914), danach Staatsweingüterverwaltung, jetzt Wohnungen.
Steingasse: Parallelgasse im frühen Erweiterungsgebiet, schmale Verbindung zwischen Oberstraße und Rhein. Ehemals Ostgrenze des Niederburgbezirks. An der Westseite Abbrüche (Zehntscheune, Hof des St. Viktorstiftes), jetzt teilweise Lücken und Freiflächen (Parkplatz).
Die Altstadt ist, dank unverbauter Ränder an der Fluss- und Bergseite, nach wie vor als Gesamtheit in der Topographie erfahrbar. Die Abgrenzung zur östlichen Vorstadt ist zumindest im Plan erkennbar. Der Blick von oben bietet ein relativ einheitlich wirkendes Bild der bisher überwiegend mit Schiefer oder ähnlichen Materialien gedeckten Dachlandschaft. Ebenso wurde in weiten Bereichen eine Straßenpflasterung aus Naturstein durchgehalten. Der landschaftliche Rahmen der Weinberge ist, wenn auch in der Struktur durch die Flurbereinigung vergröbert, weiträumig erhalten. Auch finden sich hier noch zahlreiche historische Relikte (Wege, Mauern und Flurdenkmäler). Gesamtanlage aus (stadtbau-, sozial- und wirtschafts-) geschichtlichen Gründen.
Am Rottland
1907 wechselte die 1892 gegründete Firma Asbach von ihrem damaligen Sitz in der Geisenheimer Straße 24 auf das nahe dem Bahnhof gelegene Gelände Am Rottland. Nach 1918 Kauf von Gelände und Bauten der Firma Schultz & Dietrich (Schultz Grünlack), die hier seit etwa 1875 ansässig war. In der Folgezeit entstanden die Produktionsanlagen der Weinbrennerei Asbach, größte und bekannteste der einst zahlreichen weinverarbeitenden Firmen Rüdesheims.
Die ehemaligen Asbach-Verwaltungsgebäude Am Rottland 6 und 7 (siehe Kulturdenkmäler) bilden den Eingang zu einem Hof und einer internen Straße, an der sich Produktionsgebäude und Hallen aufreihen. Die Straße erinnert durch ihren geschwungenen, nach Norden ansteigenden Verlauf und ihre Naturstein-Pflasterung an eine Altstadtgasse; auch die Bebauung, die teilweise großvolumige Hallen durch davorgesetzte kleinteilige Gebäude kaschiert, nimmt dieses Thema auf. Die im ersten Drittel des 20. Jhs. entstandene Straßenbebauung wahrt in ihrer traditionellen Architektursprache eine gewisse Einheitlichkeit, auch wenn die eigentlichen, teilweise modern ersetzten Produktionsgebäude stark differieren. Durch Materialwahl (Putz, Sandstein/Beton sandsteinfarbig, Schiefer) und Gestaltung werden – im Einklang mit dem Produkt-Image des hier bis 1995 hergestellten Weinbrandes Asbach Uralt – Bodenständigkeit und Gediegenheit vermittelt sowie eine Einpassung in die Umgebung angestrebt.
Bahnkörper und Viadukt der 1884 eröffneten Zahnradbahn zum Niederwald. Die Bahn war bis 1939 in Betrieb und wurde nach 1950 durch eine Seilbahn abgelöst. Die Streckenführung, von der Talstation in Rüdesheim am Rhein ausgehend in großem Bogen durch die Weinberge in Richtung Westen zum Niederwald führend, ist teilweise als Weg im Gelände, teilweise als Bahndamm mit Viadukt und Durchlass erhalten. Am oberen Endpunkt der Strecke Steinfundamente der ehemaligen Bergstation. Von dort aus führt ein durch Beton-Randsteine und Ruheplätze gekennzeichneter, jetzt überwachsener Fußweg in Richtung Nationaldenkmal.
Prellbock
am unteren Ende der Zahnradbahn im Bereich der ehem. Talstation am Rhein.
Viadukt
aus rotem Sandstein mit gewölbtem Durchgang. Im Bereich der Brücke sind Reste des Gleisbettes erkennbar. Die Brücke überquert den alten Kuhweg, der an dieser Stelle mit dem Holzweg zusammentraf.
Platanenallee
am oberen Ende der Zahnradbahn in Richtung Nationaldenkmal führend.
Die Reihe der Besitzer des Hofes lässt sich bis ins Mittelalter verfolgen: Um 1300 Ritter von Bickenbach, 1315 Ritter von Falkenstein, 1331 Ritter Henne von Wiesbaden, 1370 Ritter von Lindau, 1542 von Grorod, um 1630 Freiherr Knebel von Katzenelnbogen, 1647 Kurmainzer Geheimrat von Bettendorf (†1719), 1734 Köth von Wanscheid, 1780 Freiherr von Koeth, 1786 Kurmainzer Kämmerer von Hornstein zu Grüningen, 1809 Joseph Schipfer, Privatlehrer in Niederwalluf, 1830 Gontard, Frankfurter Bankier; 1854 Keßler; 1910 Schlief.
Der noch gebräuchliche Name Schlief's Hof geht auf den vorletzten Besitzer zurück; zuvor war das Anwesen als Köth'scher Hof bekannt. Das vormalige Rittergut bestand aus herrschaftlichem Wohnhaus, Nebengebäuden, Mahlmühle, Bierbrauereigerechtigkeiten, über 100 Morgen Äcker und Wiesen, Weinbergen sowie weiteren Rechten und Einkünften. Zwischen 1838 und 1889 werden in den Akten aufgeführt: Ein zweistöckiges Wohnhaus, ein Sommerhaus, eine Scheuer und Kelterhaus, ein Stall, ein Hofhaus. Dieser Bestand ist noch vorhanden, Brauhaus und Mühle in der Haselnussgasse sind dagegen nicht erhalten.
Sachgesamtheit, bestehend aus Haupt- und Nebengebäude, Hof mit Pflasterung und Brunnen, einschließlich Zufahrt mit Pflasterung und Böschungsmauer; Reste des ehemaligen Landschaftsparks.
Herrenhaus
Das stattliche Wohnhaus von elf zu drei Achsen nimmt fast die ganze nördliche Hofseite ein. Massivbau auf langgestrecktem Rechteckgrundriss mit nördlich vorspringendem viereckigem Treppenhaus. Entstehung des Gebäudes in seiner heutigen Form wohl im 18. Jh. unter Einbeziehung älterer Teile (1665, 1701 d), durchgreifende Umgestaltung in der 1. Hälfte des 19. Jhs. Fassade schlicht, mit aufgeputzten Ecklisenen und Gurtgesims. Nachträglich nach unten erweiterte Fenster in Sandsteinrahmen mit ursprünglich hölzernen, zum Teil durch Eisen ersetzten Brüstungsgittern. Hallenartiger Eingangsflur mit zurückhaltendem klassizistischem Deckenstuck. Über dem Abgang zum Gewölbekeller Wappenstein mit Grorother Wappen, Datum „1542" und Ansatz eines Spitzbogenprofils (vor 1911 über dem Haupteingang, bei Erneuerung des Außenputzes in der Halle über dem Kellerabgang angebracht). Sandsteintreppe zum Obergeschoss mit nachträglich aufgesetzten Holzstufen; Holzverkleidung der Treppenhauswand.
Der Wohnflügel enthielt ursprünglich eine Enfilade von Sälen mit nordwestlichem Flur. Die Grundrisse wurden durch nachträglich eingezogene Wände teilweise verändert. Am Nordflügel rückseitig moderner Anbau angefügt. Im Obergeschoss Stuck des 19. Jhs., u. a. ovale Medaillonformen und Kehle mit Rosenfestons. Der geometrische Deckenstuck eines Saales im Erdgeschoss war bis in jüngere Zeit erhalten. Im Erdgeschoss des Südflügels früher Küche mit großer Kaminhaube (nicht erhalten).
Eingeschossige verputzte Nebengebäude (ehemalige Ställe, Verwalterhaus) mit Krüppelwalmdächern umschließen U-förmig den etwas tiefer gelegenen, durch eine niedrige Mauer vom Eingangsbereich abgetrennten Wirtschaftshof. Nach Südwesten das Kelterhaus; hier am Abgang zum Gärkeller Sandsteingewände mit (kaum lesbarer) Jahreszahl „1586".
Wirtschaftshof einschließlich der Vertiefung für die ehemalige Mistkaute gänzlich mit Naturstein gepflastert. Neben einem klassizistischen Pumpenbrunnen aus Sandstein (neu aufgemauerter) Brunnenschacht eines Ziehbrunnens. Unmittelbar hinter den Gebäuden wird das steil ansteigende Gelände teilweise durch Bruchsteinmauern abgefangen; hier vermauerte Mühlsteine (?), davon einer mit Initialen „V" und „H".
Garten
Der hochgelegene Garten wird nach Südwesten durch eine Bruchsteinmauer begrenzt. Zur Bahnlinie hin lag früher ein privater Empfangspavillon für anreisende Gäste.
Westlich des Wohnhauses ehemaliger Landschaftspark; Reste von Pflanzungen, Lindensaal und Buchengang. Die Weinberge und Obstpflanzungen einbeziehende Anlagen erstreckten sich ursprünglich über eine sehr viel weiter ausgedehnte Fläche bis zum Rheinufer. Ein auf der höchsten Erhebung gelegener neugotischer Pavillon des frühen 19. Jhs. wurde nach Zerstörung entfernt.
Eine um oder vor 1000 erbaute, um 1070 erwähnte Kapelle als Vorgänger der jetzigen Kirchenruine wurde durch Grabungen gesichert. An eine kleine Saalkirche mit fast quadratischem Chor wurde nachträglich ein Seitenschiff angebaut. Die darüber neu errichtete, frühgotische, 1508 erhöhte Johanniskirche erlitt im 30jährigen Krieg schwere Schäden und wurde 1656 wiederhergestellt. Sie war bis 1719 Pfarrkirche des zwischenzeitlich nach Südwesten auf die rechte Wallufbachseite verlagerten Dorfes, wo die dortige Adelheidkapelle zur Pfarrkirche ausgebaut wurde. Als 1773 die noch gut erhaltene Kirche auf kurmainzischen Befehl hin niedergelegt werden sollte, waren Friedhof und Ossarium noch in Gebrauch. Der endgültige Abbruch folgte 1807. Heute wird die Ruine kulturell genutzt.
Die Kirchenruine liegt auf einer Grünfläche am östlichen Ortsrand, nahe der Turmburgruine. Erhalten sind die Umfassungsmauern des rechteckigen, wohl flach gedeckten Schiffes bis in Traufhöhe, bestehend aus unregelmäßigem Bruchsteinmauerwerk mit Werkstücken aus rotem Sandstein und Eckquaderung. In der Ostwand spitzbogiger Triumphbogen. Auf dem südlichen Pfeiler verwitterte Inschrift in Antiqua Majuskel. An den Langseiten je zwei gedrückte Spitzbogenfenster mit Resten von spätgotischem Maßwerk. Eine Spitzbogentür in einfach gekehltem Gewände in der Mitte der Westwand trägt im Scheitel die Jahreszahl 1508. Zwei vermauerte rundbogige Öffnungen in der Nordseite und zugehöriges Mauerwerk mit Fischgrätensetzung sind vermutlich Reste des Vorgängerbaues.
Der Flurname Lohwiese deutet auf eine frühere Lohmühle an diesem Standort. Eine Mahlmühle wurde 1715 durch Johann Koch mit zwei Mahlgängen und einem Schälgang errichtet. Weitere Namen seither: Koch''sche Mühle, Backhaus''sche Mühle, Gehm''sche Mühle; die Namen der Besitzer sind seither bekannt. 1812 gehörte ein Backhaus zur Mühle. 1920-1955 bestand hier eine Brotfabrik. Durch Stiftung der Erbin Elisabeth Hild gelangte die Mühle in kirchlichen Besitz; nach fortgesetztem Verfall folgte der Verkauf an private Nutzer. 1985 Wiederherstellung als „Mühle der schönen Künste".
Oberwalluf war zunächst Filiale des nahegelegenen Dorfes Steinheim. Nach dessen Wüstwerden wurde die 1314 erwähnte Oberwallufer Martinskapelle Pfarrkirche. Von 1589 bis um 1650 bestand eine gemeinsame Pfarrei mit Martinsthal.
Am nordwestlichen Dorfausgang etwas erhöht gelegener, spätgotische Bau. 1901 Erweiterung durch ein neues Schiff nach Entwurf von J. Fachinger unter Erhalt des alten Chores. Errichtet aus verputztem Bruchsteinmauerwerk mit Werkstücken aus rotem Sandstein. Rechteckiges Schiff mit gering hervortretendem Querhaus mit Strebepfeilern in schlichten neugotischen Formen. Eingezogener Chor mit 5/8-Schluss und zweiteiligen Spitzbogenfenstern, das Maßwerk aus Vierpässen und Fischblasen. Seitlich angestellter Turm mit Spitzhelm, Schieferdeckung.
Im Schiff Kreuzrippengewölbe; der durch spitzen Triumphbogen ausgeschiedene Chor mit Sterngewölbe. Farbverglasung um 1900.
Ausstattung: Hochaltar und Marienaltar von H. Steinlein, 1902. Kanzel 1904. Taufstein, Sandstein gestrichen, Pokalform, 18. Jh. Kruzifix, Kreuz erneuert, Corpus Holz mit neuer Fassung, 18. Jh. Figuren: hl. Elisabeth und hl. Josef, 19. Jh.
Der Tradition nach war 1237 das Gewand der hl. Elisabeth in das Kloster Tiefenthal gelangt und nach dessen Aufhebung 1803 hierher verbracht worden. 1872 wurde ein Reliquienaltar mit Aufsatz in Form eines Schaukastens errichtet, in dem das sog. Bußkleid, ein kuttenartiges, schlichtes, aus dem frühen 13. Jh. stammendes Gewand aus grobem, dunkelbraunem Wollstoff, aufbewahrt wird.